Bronfman fordert Abkommen mit der DDR

Nachdem Modrows Anerkennung der Mitverantwortung für den Holocaust geht es jetzt um die Höhe der Wiedergutmachungszahlungen / Komplizierte Verhandlungen mit vielen Partnern stehen bevor / DDR soll ein Drittel der Gesamtschuld gegenüber Holocaust-Opfern zahlen  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

Nach dem Brief von DDR-Ministerpräsident Hans Modrow an den Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses (WJC), Edgar Bronfman, stehen nun Verhandlungen über die Höhe der Wiedergutmachungszahlungen an. Bronfman hatte das Schreiben Modrows als einen „wichtigen Schritt vorwärts“ bezeichnet, weil die DDR erstmals die Verantwortung aller Deutscher gegenüber der Opfern des Nationalsozialismus anerkannt hatte.

Der WJC fordert nicht nur Entschädigungszahlungen der DDR an Israel und überlebende Opfer des NS-Regimes, sondern auch eine Entschädigung für Besitztümer, die den Juden auf dem Gebiet der heutigen DDR geraubt wurden, und möchte ein bindendes Zahlungsabkommen mit der DDR abschließen. In einem Gespräch mit der 'Jerusalem Post‘ wies WJC-Sekretär Jisrael Singer darauf hin, daß das Angebot der DDR nach Wiedergutmachung auch im Fall einer Vereinigung beider deutscher Staaten Gültigkeit behalten müsse.

Inzwischen haben zahlreiche Organisationen von Holocaust -Überlebenden in Israel und den USA eine Beteiligung an den Verhandlungen gefordert. Die beiden Vorsitzenden der Dachorganisation dieser Verbände, Jitzhak Arzi und Mosche Zanbar, sandten ein entsprechendes Schreiben an die Jewish Claims Conference in New York, die jüdische Ansprüche in dieser Frage vertritt und daher auch Verhandlungspartner der Regierungen in Jerusalem und Ost-Berlin ist. Bronfmans Jüdischer Weltkongreß wiederum vertritt nur einen Teil der zweiundzwanzig Organisationen, die in der Jewish Claims Conference zusammengeschlossen sind.

Die Jewish Claims Conference lehnt die Verhandlungen ab, die Bronfman in der Vergangenheit mit Erich Honecker über Entschädigungszahlungen geführt hat. Dabei handelte es sich um ein Angebot der DDR, eine Summe von 100 Millionen Dollar an Holocaust-Überlebende zu zahlen.

Die Claims Conference fordert von der DDR die Erstattung eines Drittels des Gesamtschadens, der im nationalsozialistischen Deutschland den jüdischen Gemeinden zugefügt wurde - in Deutschland selbst wie in den von der Wehrmacht besetzten Gebieten. Die Bundesrepublik hat Anfang der fünfziger Jahre an Israel eine Summe in Höhe von 450 Milliarden D-Mark gezahlt, einen Betrag, von dem Konrad Adenauer damals sagte, er umfasse nur zwei Drittel der Summe, die dem jüdischen Staat eigentlich zustehe. Die Regierungen in Bonn und Jerusalem haben sich nun diesen Standpunkt zueigen gemacht und gehen davon aus, daß die DDR den Rest tragen muß, also eineinhalb Milliarden nach dem damaligen Wert der Mark.