Geschäfte mit Aus- und Übersiedlern

Der langjährige Leiter eines Übergangswohnheimes in Crailsheim kassierte auch als Privatmann  ■  Von Andreas Harthan

Crailsheim (taz) - Geschäfte mit sich selber gemacht und dabei gut abkassiert hat der langjährige Leiter des staatlichen Übergangswohnheimes in Crailsheim. Der Mann, zuständig für die Unterbringung von nahezu 2.000 Aus- und Übersiedlern im Landkreis Schwäbisch Hall, ist als Privatmann an drei Objekten beteiligt, in die er als Amtsperson Aus- und Übersiedler einquartiert hat - zu überhöhten Preisen.

Das Geschäft flog auf, nachdem Anfang des Jahres die Zuständigkeit für die Aus- und Übersiedler vom Land Baden -Württemberg an die Landkreise delegiert worden war. Das Landratsamt in Schwäbisch Hall nahm die Mietverträge mit den vielen Quartiergebern unter die Lupe und stellte fest, daß überhöhte Preise bezahlt wurden: bis zu 70 Mark am Tag für Unterkunft und Verpflegung.

Weiter stellte die Behörde fest, daß eines der drei Gebäude, an denen der Heimleiter beteiligt ist, „nicht immer, aber zu bestimmten Zeiten stärker belegt war“ als andere Unterkünfte. Die Vermutung liegt nahe, daß sich der Mann Geld bringende Übersiedler unter den Nagel gerissen hat. Landrat Ulrich Stückle (CDU), neuer Dienstherr des geschäftstüchtigen Beamten, entzog ihm die Befugnis, Mietverträge abzuschließen.

Ob die Verquickung von Privatem und Dienstlichem für den Mann, der einer der letzten deutschen Bürgermeister in Rumänien war, strafrechtliche Konsequenzen hat, ist unklar. Bereits im Herbst 1989 war er ins Zwielicht geraten. Damals prüfte die Staatsanwaltschaft, ob ihm Gastwirte Provisionen für die Zuweisung von Übersiedlern bezahlt hatten. Das Verfahren wurde wegen fehlender Beweise eingestellt.

Daß der Beamte Verträge mit sich selbst abgeschlossen hat, weiß sein früherer Dienstherr, das Regierungspräsidium Stuttgart, schon lange. Dreimal wurde geprüft, ob hier eine verbotene Nebentätigkeit vorliegt. Das Ergebnis war jedesmal negativ. Für den Haller Landrat Stückle ein unverständlicher Vorgang. In Briefen an das Regierungspräsidium und den Landkreistag spricht er sich für eine Überprüfung der bisher abgeschlossenen Mietverträge aus. Der Landrat ist zuversichtlich, daß dadurch die Mietpreise im gesamten Regierungsbezirk gesenkt werden können.