Tote bei Unruhen in Tadschikistan

■ Ausnahmezustand im äußersten Südwesten der UdSSR verhängt / Offiziell sechs Tote / Sondertruppen des Moskauer Innenministeriums eingesetzt / Demonstranten fordern Rücktritt von ZK und Republik-Regierung

Moskau (dpa/afp/ap) - In den asiatischen Republiken Tadschikistan und Kirgisien, im Südwesten der UdSSR, soll es seit dem vergangenen Wochenende wiederholt zu schweren Krawallen zwischen Jugendlichen und der Polizei gekommen sein. Die Unruhen waren nach Angaben der 'Komsomolskaja Prawda‘ durch Gerüchte ausgelöst worden, daß Tausende von armenischen Flüchtlingen aus Aserbaidschan nach Duschanbe, der Hauptstadt Tadschikistans, unterwegs seien, um dort bevorzugt Wohnungen zu erhalten. Offiziellen Vertretern sei es nicht gelungen, die Gerüchte zu zerstreuen. Mehrere tausend Demonstranten forderten gestern das ZK der KP und die Regierung der Republik auf zurückzutreten. Die Ausschreitungen sollen bisher nach Angaben des Moskauer Innenministeriums sechs Tote und über 100 Verletzte gefordert haben. Am Montag abend hatten die Behörden den Ausnahmezustand und eine Ausgangssperre über die Stadt verhängt. Seither patrouillieren Milizionäre und Soldaten, darunter auch Sondertruppen des Innenministeriums, durch die Stadt; Panzer halten strategische Punkte besetzt.

Radio Moskau berichtete, trotz des Ausnahmezustands hätte eine „Gruppe junger Leute, darunter Studenten und Arbeitslose aus den Vororten, im Stadtzentrum Häuser angegegriffen und antiarmenische und antirussische Parolen gerufen“. Einige Demonstranten seien in das KP-Gebäude eingedrungen und hätten es in Brand gesetzt. Nachdem die Jugendlichen aus dem Zentrum vertrieben worden waren, hätten sie „europäisch aussehende Menschen“ verprügelt.

Rund 63 Prozent der Bevölkerung der an Afghanistan und China grenzenden Republik sind Tadschiken sunnitischen Glaubens, 23 Prozent Usbeken und 12 Prozent Russen und Ukrainer. Seit Abzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan, gewinnen moslemische Gruppen aus dem Nachbarstaat zunehmend an Einfluß.

Privatbesitz in Litauen

Der Oberste Sowjet Litauens hat als erstes Gremium die Legalisierung von Privateigentum in der baltischen Republik beschlossen. Das Gesetz sieht „gleiche Rechte“ für alle Eigentümer vor. Dem Gesetzestext zufolge dürfen in Litauen künftig Einzelpersonen, Familien, Bauern, Kooperativen, Aktiengesellschaften, wirtschaftliche Vereinigungen, gesellschaftliche Organisationen, Joint-ventures litauischer mit ausländischen Unternehmen und der Staat Eigentum besitzen. Erst kürzlich hatte der litauische Oberste Sowjet die Abschaffung der Zensur beschlossen und die Entscheidung des litauischen Parlaments vom Juli 1940 revidiert, der die die Republik zu einem Bestandteil der UdSSR machte.