Krönender Abschluß einer Präsidentenkarriere

■ TU-Präsident Fricke plant Strukturreform und will Zahl der Fachbereiche auf 12 reduzieren / Finanzmittel sollen nach „leistungsorientierten“ Kriterien verteilt werden / Studenten befürchten Unübersichtlichkeit / Kritiker sehen politisches Kalkül hinter den Plänen

Noch knapp drei Jahre dauert die zweite Amtsperiode des Präsidenten der Technischen Universität, Manfred Fricke. Offenbar als krönender Abschluß seiner präsidialen Aktivitäten schwebt ihm vor, der TU eine völlig neue Organisationsstruktur zu verpassen. Hierzu hat er jetzt einen Diskussionsvorschlag veröffentlicht. Kernpunkt seines Planspiels ist die Reduzierung von derzeit 22 Fachbereichen auf zwölf. Seine Begründung: Nur eine radikale Neuordnung könne die „notwendigen Änderungen im Interesse von Lehre und Forschung und eine optimale Entfaltung der Arbeitszusammenhänge“ bewirken. Diese können - folgt man seinen Vorstellungen - recht einfach dadurch erreicht werden, daß die bestehenden Institute aus ihren gegenwärtigen Organisationszusammenhängen gelöst und neu geordnet werden.

Als weitere Neuerung schlägt der TU-Präsident vor, daß die neugeschaffenen Fachbereiche ihre Finanzmittel nach „leistungsorientierten“ Kriterien zugeteilt bekommen. Offenbar aufgeschreckt durch die schlechten Noten, die die Lehre der TU in der SPIEGEL-Umfrage von Studenten erhielt, regt Fricke an, nicht nur die erfolgreiche Einwerbung von Drittmitteln, sondern auch eine erfolgreiche Lehre durch die Zuteilung vermehrter Finanzmittel zu belohnen. Nähere Einzelheiten zur Leistungsbewertung in der Lehre sucht man jedoch vergeblich.

Auch einen ungefähren Zeitplan für die inneruniversitäre Diskussion gibt es. Zunächst einmal soll das höchste Gremium der TU, der Akademische Senat, in Klausur gehen und Grundvorgaben erarbeiten. Im kommenden Semester sollen dann die Fachbereiche und Institute über die Umgestaltung beratschlagen. Doch schon jetzt werden erste kritische Stimmen an der TU laut. So sind Vertreter der Reformgruppe der Ansicht, daß sich die eigentlichen Probleme wie überlange Studienzeiten oder mangelnde Interdisziplinarität durch eine einfache Durchmischung bestehender Institute nicht lösen lassen. Nicht zu finden in Frickes Vorschlägen, so ihre Kritik, sind Perspektiven über ein neues inhaltliches Profil der TU.

Vor allem auf die Studenten kommen bei einer Umstrukturierung der Fachbereiche neue Probleme zu. „Leider völlige Fehlanzeige“, konstatiert der studentische Vertreter im Kuratorium der TU, Markus Bodenmüller, bei den Vorschlägen des Präsidenten zu Fragen, wie die Lehre zu verbessern sei oder wie die Zuordnung einzelner Studiengänge zu den Fachbereichen in Zukunft aussehen solle. Unbegründet bleibt beispielsweise, warum die einzelnen Institute des High-tech-Fachbereichs Informatik - mit über 2.300 StudentInnen einer der größten Studiengänge an der TU auseinandergerissen und auf vier neue Fachbereiche verteilt werden sollen. Der wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitglied des Fachbereichs Informatik, Lutz Kleinholz, bezweifelt, daß ein eigenständiger Studiengang dieses zukunftsträchtigen Fachs weiterhin möglich sein wird. Bei den Informatikern werden auch andere Motive hinter der angepeilten Neuordnung vermutet. Ihr Verdacht: der hochschulpolitisch zum Lager der Reformer zählende Fachbereich soll politisch gezähmt werden.

Eine weitere Befürchtung, so Bodenmüller, ist, daß durch größere organisatorische Einheiten die Unübersichtlichkeit der Uni für Studenten weiter zunimmt und sie noch größere Schwierigkeiten haben werden als bisher, sich an ihrem Fachbereich zu orientieren. Insgesamt, so sein Urteil, will sich „der TU-Präsident durch die Umstrukturierungsvorschläge bloß selbst ein Denkmal setzen“.

Pikant auch, daß der TU-Präsident, als er seine Vorstellungen auf dem traditionellen Neujahrsempfang im Lichthof der TU erstmals der Öffentlichkeit präsentierte, noch von Fakultäten als neuen Organisationseinheiten sprach. In seinen neuesten Erörterungen sind sie wieder zu Fachbereichen geworden. Offenbar verweist der Terminus der Fakultät zu sehr auf die professorale Selbstherrlichkeit der Ordinarienuniversität, so die Interpretation eines AStA -Vertreters. Darüber hinaus vermuten Reformkreise, daß hinter den Neustrukturierungsabsichten ein politisch langfristiges Kalkül steckt. Sollten sich die politischen Mehrheiten in der Stadt wieder einmal ändern, wäre es ein leichtes, die in der Regel konservativen Dekane der Fachbereiche per geändertem Hochschulgesetz direkt zu Mitgliedern des höchsten universitären Selbstverwaltungsgremiums, des Akademischen Senats, zu bestimmen. Die Zahl zwölf, so ein TU-Reformer, legt dies nahe. Man darf gespannt sein, wie diese Vorschläge diskutiert werden und ob sie innerhalb der TU eine ebensolche Brisanz entfalten, wie die vor knapp zwei Jahren gescheiterten Versuche der Freien Universtität, sich ein neues Outfit zu geben.

thol