So jetz greifts oa

■ Wie sich ein Untersuchungsausschuß im bayerischen Landtag beinah‘ von selbst erledigt

München (taz) - Der Parlamentarismus ist eine schwierige und anstrengende Angelegenheit. Vor allem in Bayern. Denn im bayerischen Landtag ist die Opposition besonders hartnäckig. Sturköpfig will sie Untersuchungsausschüsse Sachen untersuchen lassen, die in den Augen der Mehrheitspartei längst passe sind. So etwa die leidige Geschichte mit dem Prestigeobjekt WAA. Aber nein, auch am vergangenen Dienstag sollte wieder getagt werden.

„Aha jetz ham ma oan“, dankbar blickt der bayerische SPD -Landtagsabgeordnete, Helmut Ritzer zur Tür. Herein kommt völlig selbstverständlich der CSU-Abgeordnete Rudolf Engelhardt. Der Förster setzt sich und liest Zeitung. Es ist viertel nach zwei. Der Untersuchungsausschuß WAA sollte zu diesem Zeitpunkt bereits eine viertel Stunde lang Zeugen anhören. Doch außer den zu vernehmenden Zeugen aus dem bayerischen Umweltministerium und vom TÜV Bayern, dem grünen Abgeordneten, Armin Weiß und dem Vertreter der SPD läßt sich zunächst keiner der CSU-Parlamentarierer blicken. „Die CSU ist heute durch die bayerische Staatsregierung vertreten“, frotzelt bereits ein Journalist. „Das ist auch eine Art der Erledigung des Ausschusses, wie sie weder im Gesetz steht, noch in der Verfassung vorgesehen ist“, stellt Ritzer hilflos fest. Auch die Beamten aus dem Umweltministerium sind pikiert: „So hab ich mir einen Untersuchungsausschuß vorgestellt“.

„Jetzt sind‘ s schon vier“, stellt Ritzer nach weiteren zehn Minuten fest. Der Sozi hat sich inzwischen bemüht, die Schwarzen im Haus zusammenzutrommeln, damit's doch noch was wird. Schließlich ist er heute Ausschußvorsitzender, nachdem sich der Vorsitzende Herr Gustav Matschl von der CSU wegen dringender Termine entschuldigen ließ. Und ist es nicht die Aufgabe der Opposition der Regierung regieren zu helfen? „So jetz greifts oa“. Mit diesen aufmunternden Worten betritt dann auch kurz nach halb drei der CSU-Abgeordnete Martin Haushofer im schmucken Trachtenanzug den Saal und nimmt Platz. Erleichtert kann Herr Ritzer nun endlich zum zweiten Mal, und diesmal richtig, die Sitzung eröffnen. „Ist der Gutachter befangen, ist die Kardinalfrage. Diese Behauptung erfolgt zu unrecht“, beantwortet der geladene Zeuge Josef Vogl, ehemals Leiter der Abteilung Kernenergie aus dem bayerischen Umweltministerium die Frage gleich selbst. Der 56jährige wippt nervös mit dem Fuß, gibt sich jedoch sicher und gelassen. Vogl, auf dessen Druck strittige Meßwerte korrigiert wurden, sieht in dem Umstand, daß der Gutachter Prof. Baumgärtner auch für die DWK Forschungsarbeiten durchführte und sogar im Beirat der WAA-Betreiberin saß, nichts Besonderes. Im Gegenteil: „Wenn wir das nicht gemacht hätten, hätten wir etwas versäumt.“

Nur der grüne Chemieprofessor Armin Weiß bohrt weiter. Allein und ohne Unterstützung. Belächelt vom Rest. Als er den Vertreter des TÜV Bayern vereidigen lassen will, greift Gustav Matschl ein. Gerade noch rechtzeitig hat der CSUler doch noch zum Ausschuß gefunden. Der Antrag wird niedergestimmt. Die Herren der CSU sind beruhigt. Der Ausschuß wird für diesmal beendet. Ob die nächste Sitzung überhaupt eröffnet werden kann, ist fraglich. Denn schon verkündet der CSU-Abgeordnete Engelhardt lautstark: „Da hab ich überhaupt keine Zeit, ich kann mich schließlich nicht vierteilen“.

Luitgard Koch