In NRW tobt der Kampf zwischen „Piepmäusen“ und „Holzköpfen“

„Pfau“ Friedhelm Farthmann bringt die sozialdemokratischen Genossinnen in Rage Frauen der CDU und FDP verlangen öffentliche Entschuldigung für „obszöne“ Äußerung  ■  Von Walter Jacobs

Düsseldorf (taz) - „Der Mann hat sich überlebt. NRW ist ein vielfältiges Land. Wir schützen die Weißstörche, warum sollen wir nicht auch ein paar Holzköpfe schützen?“ Diese Worte einer führenden Genossin, die nicht genannt werden möchte, gelten nicht irgendwem. Gemeint ist der nach Johannes Rau zweitmächtigste Mann der nordrhein -westfälischen SPD, Friedhelm Farthmann. Über den Fraktionschef der Sozialdemokraten wird am Mittwoch im Düsseldorfer Landtag auf allen Fluren getuschelt. Im Plenum selbst verdrängt die Diskussion um Farthmann die an diesem Tag auf dem Programm stehende Debatte um die Deutschlandpolitik.

Unter den Parlamentarierinnen werden Unterschriften für einen Brief gegen Friedhelm Farthmann gesammelt. Autorin ist die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU, Christa Thoben. Empört hat Frau Thoben eine Farthmann-Äußerung, die in der aktuellen Ausgabe des 'Spiegel‘ zu lesen war. Am Rande des SPD-Parteitages, am 2. Februar in Siegen, hatte Farthmann in einer kleinen journalistischen Männerrunde gegen die vom Parteitag beschlossene Landesliste, die auf den ersten 13 Plätzen neun Frauen vorsieht, vom Leder gezogen. Die JournalistInnen, bei denen Farthmann wegen seiner in der Regel ergiebigen Hintergrundgespräche ein Stein im Brett hat, hielten sich, wie mit Farthmann verabredet, zurück. Bis auf vage Andeutungen über „drastisch -chauvinistische“ Kritik erreichten die ausdrücklich nicht zur Veröffentlichung bestimmten Äußerungen nicht das Licht der Öffentlichkeit - bis zur 'Spiegel'-Ausgabe in dieser Woche.

Dort konnten die Listenfrauen nachlesen, daß viele von ihnen „regelrechte Piepmäuse“ seien. Das „einzige Kriterium, warum manche der Frauen so weit oben“ landeten, so Farthmann, sei, „daß die zwischen den Beinen anders aussehen als ich“.

Diese „unglaublich obszöne Äußerung“ offenbare eine erschreckende Geisteshaltung, schrieb daraufhin Frau Thoben. Sie zeige, „daß Frauenpolitik und Frauenförderung von maßgeblichen Leuten innerhalb der SPD als bloßes Gerede eingeschätzt und bewertet werden“. Von Farthmann erwarten die Unterzeichnerinnen - 7 Frauen von der CDU, 2 von der FDP - „eine offizielle Entschuldigung für diese Entgleisung“. In einem Brief an Ministerpräsident Rau fordern die Unterzeichnerinnen auch die Landesregierung auf, sich zu distanzieren.

Die SPD-Frauen mochten sich aus Gründen der Parteiräson den Briefen nicht anschließen. Sauer, ja wütend sind auch sie. Schon am Dienstag hatte es in der SPD-Landtagsfraktion gekracht. Die SPD-Landtagsabgeordnete Brigitta Heemann warf ihrem Fraktionschef „parteischädigendes Verhalten“ vor und lud den zweiten Mann der SPD von einer längst geplanten Wahlkampfveranstaltung in ihrem Wahlkreis wieder aus. Farthmanns Sprüche wurden als „stark beleidigend“ und als „unter der Gürtellinie“ liegend kritisiert. Farthmann gilt den SPD-Frauen spätestens seit seinem Kampf um Platz zwei auf der Landesliste als ein „eitler Pfau“, der sich aus Profilierungsgründen selbst über Parteibeschlüsse hinwegsetzt. Tatsächlich hatte der SPD-Landesvorstand schon weit im Vorfeld der Listenaufstellung beschlossen, die Besetzung nach dem Reißverschluß-Verfahren - eine Frau, ein Mann - vorzunehmen. Weil aber Farthmnann unbedingt hinter Rau Platz zwei belegen wollte, wurde der Beschluß gekippt.

Die parlamentarische Staatssekretärin Ilse Ridder-Melchers, in der Rau-Regierung zuständig für die Gleichstellung der Frau, wertete die Diskussion um die „Frauen diskriminierenden Äußerungen“ in der Fraktion am Dienstag eher zurückhaltend als „wichtig und gut“. Sie habe das Gefühl, daß die Art, wie die SPD-Frauen „sich offensiv zur Wehr“ setzten, bei den Männern „nicht ohne Wirkung“ geblieben sei. Daran sind Zweifel erlaubt.

Friedhelm Farthmann, ein Kämpfer gegen die Frauenquote und seit Jahren im Ruf, ein besonders harter Macho zu sein, denkt jedenfalls „überhaupt nicht daran“, sich zu entschuldigen. Wohl habe er auf den kleinen Unterschied zwischen den Beinen hingewiesen, aber von „Piepmäusen“ habe er in einem ganz anderen Zusammenhang gesprochen. „Obszön“ kann der SPD-Fraktionschef die Formulierungen schon gar nicht finden, vielmehr sei die Art, wie die JournalistInnen Vertrauen mißbraucht hätten, „eine Schweinerei“. Farthmann wörtlich zur taz: „Mir tut leid, daß die Äußerung in die Öffentlichkeit gekommen ist. Das ist eine Äußerung, die man vernünftiger Weise in der großen Öffentlichkeit nicht macht und insofern bedaure ich das. Wenn aber jetzt eine künstliche Aufgeregtheit parteipolitisch ausgeschlachtet wird, gedenke ich nicht dem entgegenzukommen.“