Alter Trott - neuer Tritt

■ Realos und Aufbruch wollen die grüne Partei wieder auf Vordermann bringen / Ökologie soll wieder ins Zentrum grüner Politik rücken / Die Linken fürchten Säuberung der Partei

Bonn (taz) - Realos und der „Grüne Aufbruch“, die Mittelströmung der Partei, wollen stärker zusammenarbeiten. Das ist das Ergebnis zweimonatiger, streng vertraulich geführter Gespräche. Erste gemeinsame Aktivität ist die Einladung an 36 Parteiprominente zu einem Treffen, auf dem Handlungsperspektiven, die „Grün wieder mit dem Rücken von der Wand bringen können“ besprochen werden soll. Die Liste der von Joschka Fischer, Antje Vollmer und anderen Eingeladenen umfaßt mehrheitlich realpolitische Vertreter, allerdings werden auch Adrienne Göhler und Christian Ströbele eingeladen.

Absicht für das Treffen sei nicht die Etablierung einer neuen Strömung, sondern der Versuch, „unabhängig von den eingefahreneren politischen und persönlichen Loyalitäten eine selbstkritische Bilanz grüner Politik zu ziehen“, heißt es im Schreiben. Angesichts der kritischen Situation könne „nicht im alten Trott“ weitergemacht werden. Bis zum nächsten Parteitag soll über „Ökologie als Zentrum grüner Politik“ diskutiert werden - ein Stichwort, hinter dem die Parteilinken immer die Abwendung von der sozialen Frage argwöhnen. Weitere Themen sollen eine „ungeschminkte Bilanz“ der Basisdemokratie und Vorschläge für eine Parteireform sein. Erwartet wird ein Vorstoß zur Abschaffung der Rotation. Kritisiert wird die „Lähmung“ der Grünen in der Deutschlandpolitik. Von den Strömungen sei derzeit keine in der Lage, einen Konsens über die Ziele und Aufgaben der Grünen zu formulieren.

Wenige Tage vor dem kleinen Parteitag der Grünen, auf dem eine deutschlandpolitische Position formuliert werden soll, dürfte die Einladung als Generalangriff auf linke Positionen gewertet werden. Das „Linke Forum“ befürchtete bereits gestern, nun solle nach dem Rauswurf der Fundis auch die gemäßigte Linke aus der Partei „rausgesäubert“ werden. Die Liste sei entgegen der Ankündigung nicht strömungsübergreifend, vielmehr seien nur wenige Alibi -Vertreter der Linken zu finden.

Gerd Nowakowski