GANZ AUTHENTISCH

■ Am Wochenende spielen Farafina aus Burkina Faso

Die Party ist absehbar. Schon als die afrikanische Gruppe Farafina die Bühne des Hamburger Veranstaltungszentrums Fabrik betritt, als die ersten Percussionwellen noch während des Auftretens in den Saal branden, beginnt das Publikum einträchtig zu schwingen. Natürlich sind es die professionell Enthemmten der Hamburger Bauchtanz- und Afroworkshop-Brigade, die als erste ganz entspannt ihre Gliedmaßen bewegen, teilweise sogar selbstbewußt gegen den vorgegebenen Rhythmus arbeiten. Doch sie bleiben nicht allein.

Über zwei Stunden klopfen die acht Männer aus Burkina Faso ihre rollenden Rhythmen auf kleinen und großen Trommeln, auf Djembe, Tama oder Bara. Darüber schweben die Melodien der Balaphone, xylophonähnliche Instrumente mit Tonkrügen als Resonanzkörper. Im andauernden Melodiefluß entwickeln sich pulsierende Klangkaskaden, die im Zusammenspiel mit den sich beständig verändernden Rhythmen ein fließendes Klangbild schaffen, das jeden Zuschauer sichtbar mitreißt.

Als sich die Band jedoch auf dem Höhepunkt des Auftritts ihre Instrumente unter den Arm klemmt und musizierend die Bühne verlassen will, bricht der geplante Programmablauf zusammen. Die Musiker bleiben in der tanzenden Masse stecken. Hocherfreut über den Erfolg, beginnen sie im Zuschauerraum eine Zugabe, der eine weitere, weit jenseits der Bühne, folgen wird. Hier in der Menge scheinen sich die Schwarzafrikaner wohl zu fühlen.

„Natürlich sind die Auftritte rund um die Welt oder der Erfolg, den wir mit John Hassel hatten, für uns gut. Doch es ist nicht so, daß der Westen nur uns fördert. Wir fördern auch den Westen.“ Das Selbstbewußtsein in den Worten von Paco Ye, dem Sprecher der Gruppe, ist berechtigt. Das ehemalige Mitglied des Nationalballetts von Burkina Faso führt während des Auftritts afrikanische Tänze vor, schwirrt in rasenden Bewegungen über die Bühne oder scheint in Zeitlupenbewegungen fast den Boden zu verlassen. Gemessen an seiner Geschmeidigkeit sind Bewegungsversuche hierzulande elend und bedürfen dringend der Entwicklungshilfe.

Eine Alternative zum stupiden EinszweidreiRumms-Schemata des Rock bietet der melodische Fluß der Musik ohnehin, gerade weil die Gruppe nicht den Verwestlichungsexperimenten von afrikanischen Musikern wie Salif Keita folgt. Nicht einmal die Zusammenarbeit mit den Rolling Stones hat dazu geführt, daß auch nur ein elektrisches Instrument in den Gruppensound integriert wurde. Vom stupiden westlichen 4/4 -Rhythmus ganz zu schweigen. „Wir machen traditionelle Musik, die bei uns zu Hause bei Hochzeiten gespielt wird, während der Arbeit oder bei Festen.“

Die erste LP der Gruppe „Bolomakote“ ist ebenfalls traditionell gehalten. Es gibt keine Gastmusiker, keine aufwendigen Studiotricks, kein Verzetteln in raffinierten Arrangements. Der Sound ist transparent roh. Ein Song ist Nelson Mandela gewidmet. „Wir wollten den Afrikanern zeigen, daß auch wir an Nelson Mandela denken. Wir alle kämpfen gegen die Apartheid. Der Moment, als Mandela freigelassen wurde, war großartig. Aber nach so langer Zeit war es auch etwas unwirklich.“

Bei uns tritt die Gruppe im Rahmen des Festivals des politischen Liedes auch in Ost-Berlin auf. Trotzdem halten sich die Musiker nicht für ausgesprochen politisch.

Für die Zukunft ihrer Heimat Burkina Faso, dem ehemaligen Obervolta, ist Paco Ye voller Optimismus. Ihrem Land, genauso wie ganz Afrika, könne durch ein fortwährendes Geben und Nehmen zwischen reichen und armen Ländern geholfen werden. Allerdings sollte darauf geachtet werden, was getauscht wird: „Wir verlangen ja auch nicht, daß ihr hier in Deutschland Lehmhütten baut, die beim ersten Schnee zusammenfallen„; er sieht dabei dem drisseligen Schneeregen vor der Tür zu.

Demokratisch sollen die Veränderungen auf jeden Fall sein. Denn wie Paco Ye grinsend ausführt: „Jeder echte Afrikaner ist ein Demokrat. Wir wollen alle gut essen, ausschlafen und unsere Ruhe haben. Das ist Demokratie.“

Peter Lau

Die Farafina-Band spielt am 16.2. in der Ostberliner Werner -Seelenbinder-Halle und am 17. im Westberliner Haus der Kulturen der Welt