Mompers Segen für schwule Ehe

■ DDR-Schwuler darf nach Vorlage eines „Partnerschaftsvertrages“ in West-Berlin bleiben / Anerkennung als „Verwandter ersten Grades“ / Standesamt anvisiert

Der rot-grüne Senat hat indirekt die erste schwule Ehe amtlich anerkannt: Dem Dresdener Holger Thiel (23), seit Januar in den Westen gesiedelt und mit dem Westberliner Joakim Koletzki (25) verbandelt, wurde am Mittwoch (Valentins-Tag!!!) in einer Marienfelder Schreibstube offiziell das Bleiberecht für West-Berlin zuerkannt. Und zwar gerade wegen seiner gleichgeschlechtlich -zweistaatlichen Beziehung.

Denn eigentlich steht dem Ostler Thiel das Bleiberecht in West-Berlin gar nicht zu, weil ÜbersiedlerInnen seit Oktober '89 in andere Bundesländer „zugewiesen“ werden, wenn sie nicht Verwandte ersten Grades (Eltern, Kinder, Ehepartner) in West-Berlin nachweisen können. Thiel und Koletzki legten nun erstmals einen mann-männlichen „Partnerschaftsvertrag“ als Beweis der erstgradigen Verwandtschaft vor und - kamen damit durch. Beide legen sogar Wert darauf, daß ein bloßes Schreiben ihres Notars, daß ein „Partnerschaftsvertrag in Auftrag gegeben“ sei, den Behörden ausreichte: „Das ist quasi die Gleichstellung mit dem Aufgebot der Heteros“, sagten die Lebenslang-Fans triumphierend der taz. Spätestens seit Einführung der standesamtlichen Registrierung gleichgeschlechtlicher Ehen in Dänemark 1989 ist die Homo -Ehe auch in der Schwulenbewegung hierzulande heftig umstritten. Die taz befragte deshalb eine ExpertIn. Albert Eckert, offen schwules Mitglied des Abgeordnetenhauses und bundesweit einer der passioniertesten Gegner der schwulen Ehe, kommentiert den vorliegenden Fall wie folgt: „Igitt, das ist ja wunderbar. Da zeigt sich, daß der Blödsinn mit der echten Ehe auch für Schwule, wie manche sie fordern, eigentlich völlig überflüssig ist. Vertrag reicht doch. Aber solange wir keine für alle offenen Grenzen haben, sollten wenigstens Menschen, die sich in einer Lebensgemeinschaft befinden, auch zusammen hier leben können - ob Deutsche, ob Ausländer, ob Asylbewerber oder Staatenlose, ob lesbisch oder hetero.“ Joakim und Holger (jetzt Koletzki-Thiel???), die sich unlängst einen Tag vor Silvester im schwulen Info -Laden „Mann-O-Meter“ kennen- und lieben lernten, peilen auch eine Hochzeitszeremonie an und haben die Fühler Richtung Standesamt schon ausgestreckt. (Also Jungs, das muß doch nun wirklich nicht sein; aber mal was anderes: Wieso wollen diese schönen Männer eigentlich immer unter sich bleiben? Was bleibt für unsereine? d. s.in). Die taz, traditionell eher selbstverwalteten und staatsfernen Beziehungen als Zylinder und Schleier zugeneigt, wird die Sache weiterverfolgen und möchte den beiden noch eine alte BäuerInnen-Weisheit mit auf den gemeinsamen Lebensweg geben: „Früh gefreit, nie gereut“.

kotte