IG Metall kann Punktsieg verbuchen

■ Einigungsstelle in Baden-Württemberg entscheidet für die GewerkschafterInnen und gegen Mercedes / Freier Samstag noch nicht in Gefahr / Tarifverhandlungen gehen weiter

Berlin (taz/dpa) - Bei Mercedes-Benz in Untertürkheim werden keine Samstags-Sonderschichten gefahren. Dies hat die Einigungsstelle am Mittwoch nach zweitägigen Beratungen gegen die Stimmen der Arbeitgeber-Beisitzer entschieden. Die Beratungen waren von Protestaktionen der Belegschaft begleitet, die sich damit gegen die Sonderschichten und gegen die von den Arbeitgebern in der Tarifrunde angestrebte Wochenendarbeit richteten. In verschiedenen Werksteilen fanden, so die IG Metall in Stuttgart, während der Arbeitszeit Informationsveranstaltungen in den Abteilungen statt. Im Werk Mettingen zogen über tausend Beschäftigte vor das Verwaltungsgebäude, in dem die Einigungsstelle tagte. Die Sonderschichten, so der Antrag der Werksleitung, hätten an diesem Samstag und am zweiten Samstag im März laufen sollen. Davon wären nach Angaben der IG Metall über 17.000 ArbeitnehmerInnen betroffen gewesen.

Die Mercedes-Benz AG hatte die Dringlichkeit der Mehrarbeit damit begründet, daß im Werk Bremen aufgrund der Auftragslage schon zwei Sonderschichten genehmigt worden seien und Untertürkheim nun die notwendigen Fahrzeugteile für die Endmontage liefern müsse. Der Vorsitzende der Einigungsstelle kam jedoch - trotz ausführlicher Erörterung des Produktionsprogramms und des Produktionsverbundes mit dem Werk Bremen - zu der Auffassung, die Firma könne nicht eindeutig nachweisen, daß die fraglichen Sonderschichten für die aktuelle Produktion in Bremen notwendig seien. Die zusätzliche Produktion in Bremen sei vermutlich wegen Umstrukturierungen erforderlich, jedenfalls seien die Produktionskapazitäten dort, trotz Sonderschichten, nicht höher als in Untertürkheim. Die IG Metall in Stuttgart vermutet, daß Mercedes mit diesen Sonderschichten wegen der laufenden Tarifrunde Fahrzeugteie auf Vorrat produzieren wolle, um bei einem möglichen Arbeitskampf nicht in Lieferschwierigkeiten zu geraten. Solche Vorratshaltung würde allerdings den Zweck eines Streiks, nämlich ökonomischen Druck auf die Unternehmer auszuüben, unterlaufen. Der Stuttgarter IG Metall-Bevollmächtigte Ludwig Kemeth nannte die Entscheidung der Einigungsstelle einen „wichtigen Eckpunkt bei den Bemühungen der IG Metall, das freie Wochenende zu erhalten und Überstunden abzubauen“. Bei einem anderen Ausgang, so Kemeth, hätte das für die Zulieferbetriebe Überstunden und Sonderschichten in erheblichem Umfang mit sich bringen können.

gs