Beethovenfan sucht Partnerin

■ Anzeigenblätter erobern den DDR-Markt / Bremer ABISZ-Verleger in Magdeburg engagiert

Karl May, Old Surehand 3 Bände, ein Trabant „Bj. 67 Neuaufbau 89“, C 64 Floppy 1541, „Couchgarnitour 100 Mark an Selbstabholer“, „Beethoven-Fan sucht passende Partnerin“ einfach alles von A bis Z scheint es zu geben in dem gleichnamigen Blatt für

kostenlose Kleinanzeigen. Was erstaunlich ist: Erscheinungsort der Nummer ist Magdeburg /DDR. Aufmachung, Druck und Stil ist identisch mit dem Bremer Kleinanzeigenblatt - innerhalb weniger Wochen hat sich der Bremer Verlag dort einen Vorsprung gegenüber den Konkurrenten herausgearbeitet.

Schon in der ersten Aufgabe, die am Donnerstag mit 16 Seiten erschien, ist die Palette der Direkt -Handelsinteressen der Magdeburger Bürger dem westdeutschen Bedürfnis-Spektrum täuschend ähnlich. Nur die Marken der produkte sind meist andere, nur auf wenige Anzeigen hin kann man gleich anrufen - Telefone sind Mangelware in der DDR. Nichts anzufangen wußten die Magdeburger offenbar mit den Rubriken „Vermittlung/Kontakte“ (hierunter versteht mann in Bremen die einschlägigen Ange bote von Damen aus dem horizon talen Gewerbe). Kein einziges Angebot ist auch unter „Babysitting/Betreuung“ abgegeben worden, eine einzige Gelegenheit zum „Mitfahren“ gibt es.

Von der West-Berliner „Zweiten Hand“ und vom Verbund „Heißer Draht“ sind einige Nummern, gegliedert nach den 5 alten Ländern der DDR, schon erschienen. Aber die trauten sich bislang nicht, für eine Stadt-Region ein gezieltes Blatt zu machen , wie es sich in der Bundesrepublik durchgesetzt hat. Denn das Engagement kann sich dezeit noch nicht auszahlen: Druck und Produktion muß in West-Geld bezahlt werden, der Preis der Zeitung ist 2,50 Mark-Ost.

Warum die West-Kleinanzeigenzeitungen sich dennoch in Erwartung späterer Gewinne auf den DDR-Markt stürzen, ist für den KPS-Verantwortlichen Bernhard Bleydorn ein offenes Geheimnis: In den in der Regel acht Seiten dünnen DDR-Zeitungen ist gerade eine für Werbung reserviert - da ist wenig Platz für private Kleinanzeigen. Wartezeiten bis zu 6 Wochen sind die Regel. Die „Nachfrage“ an der privaten An-und Verkauf-Börse ist also gewaltig. „KPS“ warb dreimal in der Magdeburger „Volksstimme“ und hatte 16 Seiten mit Kleinanzeigen voll. Der Magdeburger Verlag ist über einen Kooperationsvertrag an der neuen ABISZ beteiligt. Fürs erste wird in Bremen produziert.

„Auch Rostock wird kommen“, verspricht der KPS-Mann Bleydorn. Auch dort steht das Bremer Unternehmen in Verhandlungen mit dem dominierenden Blatt am Ort, dem ehemaligen SED-Verlag. Der Vorteil in Rostock könnte sein, daß im dortigen Druckhaus der „Ostsee-Zeitung“ eine modernere Offsett-Maschine steht. Bisher werden darauf aber nur die zentralen SED-Blätter gedruckt, selbst die Ostsee -Zeitung mußte sich mit der schlechteren Qualität der alten Maschine begnügen.

K.W.