ECHTES RÜCKSPIEL

■ Preddy Show Campany im Mehringhof-Theater

Du kannst alles: Röhren wie Tina Turner, dramatisieren wie Maria Callas, pubertieren wie Susanne Tremper, sensibeln wie Peter Maffay, dummschwätzen wie Helmut Berger, tremolieren wie Klaus Nomi, schmäh'n wie Andre Heller, gröhlen wie Janis Joplin, zwitschern wie Nana Mouskouri. Playback macht's möglich. Das kann ein Ritt werden durch die Gefühle und Stimmungen, durch den guten und schlechten Geschmack, durch die Bösartigkeiten und Streicheleinheiten. Die Travestie hilft kräftig mit dabei, ermöglicht die Distanz und Identifikation zum und mit dem Vorbild, und - Höhepunkt des Spannungsbogens - zum eigenen Geschlecht. Die Freiheit, die dazwischen liegt, bringt alles Unsagbare zum Sprechen, läßt die unteren Schichten nach oben durch, muß keine Strafe fürchten, keine Ablehnung, keinen Spott. Wahrheiten entstehen neu, und Gefühle äußern sich echt und ganz.

Die Berliner Travestie-Truppe Preddy Show Campany, zum wiederholten Mal mit ihrem „Ersten Playback-Theaterstück der Welt“ Auf Teufel komm raus in der Stadt zu sehen, kann all das mit den Stimmen auf Pump. Und erzählt eine Geschichte damit, die lausige Lebensstory von Hermann wahrlich wunderbar: der schönste (Her)Mann auf der Bühne ist eine Frau. Er steht immer abseits und heiratet dennoch und wird nicht glücklich dabei, bis ins dunkle Grab. Hermanns Unglück beginnt auf dem Schulhof, weil er nicht richtig grapschen kann; die Trauung läuft schief, weil der Pastor ständig säuft; die Ehefrau entpuppt sich als Faschings -Drachen, die Luftschlangen drapiert auf der Zimmerantenne und kreuzworträtselt auf der Couch, wo eine Stadtansicht von Heidelberg hängt, gestickt. Selbst als Hermann aufgibt und überwechselt in das Zwischen des Dies- und Jenseits, stolpert er nur rum im höllischen Niemandsland und rollt die Augen.

40 Kostüme helfen den zwei Frauen und drei Männern dabei, glatt und flott die Geschichte zu erzählen. Klaus Nomi sieht aus wie Klaus Nomi, und Ludwig der II. sieht aus wie Ludwig der II., und Frau Meisenbruch-Brummer sieht aus wie Frau Meisenbruch-Brummer. Fast wie in echt. Und tanzen kann der oberhessische Macho wie ein oberhessischer Macho, der einmal im Leben tanzen möchte wie James Brown.

So läuft die Show ab, ganz „rasant“, in Kostümen, die „phantasievoll“ sind, vor „verblüffenden“ Bühnenbildern, mit „aufwendigen“ Licht- und Toneffekten, alles so, wie's der Pressetext verheißt. Bis hin zum Versprechen „Perfekte Unterhaltung mit Witz, Niveau und Tempo“. Und just mit dieser staatstragenden Selbsteinschätzung wird aus dem Playback und der Travestie nichts weiter als ein ordentlich verpacktes Fast-Food-Dinner. Alle Zutaten sind drin, wie im Kalorienplan vorgesehen, die saftig-knackigen Teile sättigen ungemein bis zum letzten Biß, selbst ideologisch ist alles astrein, sauber und abgesichert, ganz wie bei den ökobewußten EmCeDonalds. Nichts ist dabei ohne Geschmack, kein Witz unter die Gürtellinie, keine Frauenfeindlichkeit, kein subversiver Drang gegen jede Norm. Niemand wird beunruhigt, verunsichert, gar verletzt. Das macht dem vorwiegend heterosexuellen - Publikum ordentlich Spaß, in verträglichen Häppchen. Die nicht so teuer sind wie Mary & Gordy, nicht so vulgär wie die Lützower Lampe, nicht so anarchistisch wie Ladies Neid. Die Campany dagegen hat Niwoh.

eka

Preddy Show Campany: „Auf Teufel komm raus“, 14.2. bis 4.3 Mittwoch bis Sonntag 21 Uhr, Mehringhof-Theater, Gneisenaustraße 2.