„Da wird gemauert“

■ Noch gibt es islamischen Religionsunterricht nur in Koranschulen oder als Konsulatsunterricht / Senatsbehörden zeigten sich bislang wenig an einer Lösung des Problems interessiert

„Wir sind sehr erstaunt darüber, daß man auf der einen Seite über die Koranschulen schimpft, auf der anderen Seite nicht bereit ist, den islamischen Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen zuzulassen.“ Yaha Schülzke, Vizepräsident der „Islamischen Föderation“, legt den Finger auf eine offene Wunde. Seit ihrer Gründung 1980 versucht die „Islamische Föderation“ islamischen Religionsunterricht an den Berliner Schulen einzuführen. Bislang vergebens. „Wir haben uns zu dem Begehren und Antrag entschlossen, weil man uns immer wieder vorgeworfen hat, die muslimischen Kinder würden in den Koranschulen in Hinterhöfen indoktriniert.“

1982 wurde der Antrag der Föderation mit der Begründung vom Senator für Schulwesen abgelehnt, es handele sich bei der „Islamischen Föderation“ um keine „Religionsgemeinschaft“. Und nur diese sind nach §28 Absatz1 des Berliner Schulgesetzes berechtigt, an den Schulen Religionsunterricht zu erteilen. Die Föderation scheiterte nicht zuletzt daran, daß der Islam keine kirchenähnliche Organisation besitzt.

„Unsere Anläufe, einen geeigneten Träger zu finden, sind bislang immer an den Rivalitäten der islamischen Gruppen gescheitert“, moniert die Ausländerbeauftragte Barbara John. Idealerweise müßten sie sich zusammenschließen und die Ausbildung ihrer Lehrer und den Unterricht selbst in die Hand nehmen.“

Die „pragmatische Ersatzlösung“ die 1984 gefunden wurde, ist mehr als zweifelhaft. Im Rahmen des Konsulatsunterrichts können Kinder seit 1984 freiwillig Religionsstunden besuchen. Er wird von der DITIB (Türkisch-islamische Union der Anstalt für Religion e.V. der Republik Türkei) veranstaltet und von etwa zehn Prozent der türkischen Kinder besucht.

Die GEW forderte bereits 1986, daß weder eine politisch ausgerichtete Organisation noch eine türkische Behörde als Träger für den islamischen Unterricht in Frage komme. Öffentliche Subventionen für den Religionsunterricht der DITIB in Höhe von 100.000 Mark wollte die Gewerkschaft sofort gestrichen sehen.

Die Begründung: Die DITIB vermittelt „undemokratische, national-chauvinistische, ein autoritäres Staatsverständnis prägende, den Krieg verherrlichende und dem friedlichen Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher ethischer, kultureller und religiöser Herkunft zuwiderlaufende Inhalte“.

Und in der Tat sind die Bücher voll von Pasagen wie „Das Wasser schläft, der Feind nicht“, oder „Der Militärdienst ist für jeden jungen Türken eine heilige Pflicht... die schon in der Wiege beginnt.“

Als Lösung der Trägerschaft für den islamischen Religionsunterricht, schlägt Safter Cinar, Vizevorsitzender der GEW, folgendes vor: Die von den Bezirken eingestellten Lehrkräfte mit türkischer Lehrbefähigung zum islamischen Religionsunterricht zu einem Träger zusammenzuschließen. „Dieser würde dann vom Berliner Senat die notwendigen Finanzmittel erhalten.“

Wichtig für die GEW ist, daß in einem solchem Unterricht die unterschiedlichsten Strömungen des Islam gleichberechtigt berücksichtigt werden (würdet ihr solche ansprüche doch beim ev. oder kath. religions„unterricht“ gelten lassen! oder besser, ihn aus der schule verdammen. sezza).

Weshalb es in zehn Jahren in der Frage noch zu keiner tragfähigen Lösung kam?

„Eigentlich müßten wir ein Interesse haben, den Religionsunterricht öffentlich zu machen. Zumal das Bedürfnis immer stärker wird“, sagt Barbara John. „Aber da wird auch auf unserer Seite gemauert.“

Eberhard Seidel-Pielen