„Ich nenne das eher einen Anschluß“

■ Interview mit Arno Peters zu seinen Plänen und der deutschen Vereinigung

taz: Sie haben letzten Mittwoch in Bonn mit Hans Modrow über ihren Reparations-Ausgleichsplan gesprochen. Wie hat er reagiert?

Peters: Herr Modrow hat den Plan vor zwei Wochen zugeschickt bekommen. Er war ihm aber schon durch die Bundespressekonferenz (November 1989 d.Red) bekannt. Er hat ihn schon in Dresden mit Bundeskanzler Kohl besprochen, und da er auf Ablehnug gestoßen ist, bedeutet das, daß er ihn sich zu eigen gemacht hat, sonst hätte er mich nicht nach Bonn eingeladen können, um ihn noch einmal mit mir zu besprechen.

Worum ging es in dem Gespräch?

Wir mußten ihm vor allem die völkerrechtlichen Hintergründe erläutern, denn wenn die Bundesregierung definitiv ablehnt, was bisher allerdings noch nicht geschehen ist (selbst Herr Waigl, der sich sehr abfällig geäußert hat, hat noch nicht behauptet, daß die Forderung nicht berechtigt wäre), besteht die Möglichkeit, das Geld vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag einzufordern.

Wie kommen Sie auf die Summe von 727 Milliarden?

Ich habe lediglich die Zahl der Bundesregierung hochgerechnet. Die Bundesregierung hat ein Ministerium für Innerdeutsche Fragen, und in diesem Ministerium werden die Vorgänge in der DDR seit Bestehen der Bundesregierung registriert und veröffentlicht. Und die Veröffentlichungen befinden sich im Handbuch DDR, und dort können Sie unter dem Artikel „Reparationen“ genau nachlesen, daß die DDR 98 Prozent der Reparationen erbracht hat und wir nur zwei Prozent. Und daß das ausgeglichen werden muß, darüber herrscht in Bonn unter den Politikern überhaupt gar kein Zweifel. Herr Professor Biedenkopf, mit dem ich auch gestern ein längeres Gespräch hatte, hatte mich schon zur Zeit meiner Bundespressekonferenz ermächtigt zu sagen, daß er dafür ist, diese Ausgleich jetzt vorzunehmen.

Ist das die Akzeptanz der Zweistaatlichkeit oder Vorraussetzung für die Wiedervereinigung?

Das kann ich nicht im Namen der zwölf Unterzeichner, sondern nur persönlich beantworten. Ich glaube nicht an eine Wiedervereinigung, wie sie sich in den Medien seit ein paar Wochen abzeichnet. Ich habe auch Herrn Modrow meine Meinung dahingehend klargemacht, daß ich das, was jetzt von Herrn Kohl beabsichtigt ist, als einen Anschluß bezeichnen würde, so, wie es 1938 mit Österreich geschehen ist. Man kann ja nicht sagen, daß das gegen den Willen der Österreicher geschehen ist, denn die Leute in Wien haben doch eher für dieses Großdeutschland gejubelt als die Leute in Leipzig auf dem Marktplatz. Ich glaube, daß die Entscheidung trotzdem falsch gewesen ist möchte hoffen, daß wir nicht eine ähnliche Entwicklung in Deutschland nehmen. Interview: Markus Daschne