Frauen haben nichts vom EG-Binnenmarkt

■ Soweit das ernüchternde Ergebnis einer dreitägigen Konferenz „Frauen und die Vollendung des Binnenmarktes“ in Dublin

Dublin (taz) - Die Kluft zwischen unterbezahlten Hilfsarbeiterinnen und wenigen Frauen in hochqualifizierten Anstellungen wird sich mit Einführung des Europäischen Binnenmarktes noch vergrößern. Das ist das Ergebnis einer dreitägigen Konferenz zum Thema „Frauen und die Vollendung des Binnenmarktes“ in Dublin. An der Konferenz hatten auf Einladung des irischen Arbeitsministers Bertie Ahearn und der EG-Kommission 120 VertreterInnen von Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden, Frauenorganisationen und den Regierungen der EG-Länder teilgenommen.

Hauptthema waren die zu erwartenden Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt für Frauen. Mary Daly vom „Büro zur Bekämpfung der Armut“ sagte, daß die Zahlen für das EG -Wirtschaftswachstum eine Reihe besorgniserregender Trends verdecken. So ist die Zahl der arbeitenden Frauen in den letzten 15 Jahren zwar um sechs Prozent gestiegen, aber ihr Anteil beträgt immer noch nur 38 Prozent der Gesamtbeschäftigten. „Viele Frauen verfügen über kein unabhängiges Einkommen“, sagte Mary Daly. „Sie dominieren lediglich bei den unqualifizierten, unterbezahlten und unsicheren Jobs.“ Doch gerade in diesem Bereich werden viele Arbeitsplätze durch neue Technologien wegrationalisiert.

Während das Einkommen von Frauen ohnehin nur 75 Prozent von dem der Männer beträgt, liegt der Lohn in den Peripherie -Ländern ein weiteres Viertel unter dem EG-Durchschnitt. In Irland arbeiten 20 Prozent der Beschäftigten in Niedriglohngruppen - zwei Drittel davon sind Frauen. Mary Daly forderte auf der Konferenz umfassende Frauen -Bildungsprogramme sowie staatliche Kinderfürsorge, da die Gleichstellung von Frauen durch Gesetze alleine nicht durchgesetzt werden könne. Einige Länder widersetzen sich sogar den bescheidenen EG-Direktiven zur Gleichstellung. So verabschiedete die britische Regierung eine entsprechende Direktive aus dem Jahr 1976 erst zehn Jahre später. In Nordirland dauerte es weitere zwei Jahre, und die Dubliner Regierung hat die Direktive bis heute schlicht ignoriert.

Die Soziologin Patricia O'Hara wies darauf hin, daß Frauen in der Landwirtschaft nahezu unsichtbar seien. Sie tauchen weder in Statistiken auf noch werden sie von Politikern und Planern überhaupt zur Kenntnis genommen - höchstens als „Ehefrau des Bauern“. In Irland sind nur 5.000 Frauen als eigenständige Bäuerinnen eingestuft, obwohl der Anteil der Beschäftigten in der Landwirtschaft doppelt so hoch wie im EG-Durchschnitt ist.

Ralf Sotscheck