Mudschaheddin zeigen sich unversöhnlich

■ USA wollen verhandeln und liefern weiterhin Waffen an Mudschaheddin / Waffenstillstandsangebot Nadschibullahs zurückgewiesen

Islamabad (taz/afp/dpa) - „Wir weisen jeden Vorschlag für einen Waffenstillstand zurück“, erklärte ein Jahr nach dem Abzug der sowjetischen Truppen Rasul Sayyaf, Chef der von den Mudschaheddin im Exil gebildeten Interimsregierung. Ungeachtet aller diplomatischen Bemühungen der beteiligten Mächte um eine friedliche Lösung des Konflikts bleiben die Mudschheddin hart und wollen den bewaffneten Kampf fortsetzen.

Am Samstag meldete die den Mudschaheddin nahestehede Nachrichtenagentur 'aip‘ erste Erfolge im wieder verschärften militärischen Kampf. Seit Beginn des Afghanistankrieges sei es den Rebellen das erste Mal gelungen, die sieben Kilometer vor der belagerten Garnisonstadt Khost gelegenen Hügel zu erobern, heißt es in der Meldung. In einer eintägigen erbitterten Schlacht um die Tora-Ghora-Berge seien am Freitag 14 Mudschaheddin und auf seiten der Regierungstruppen 32 Soldaten ums Leben gekommen. Seit Herbst belagern die Mudschaheddin die unweit der nordwestpakistanischen Grenze gelegene Stadt. Unterdessen ist die afghanische Regierung, wie schon in Dschalalabad, gezwungen, die Stadt mit Nachtflügen aus der Luft zu versorgen.

Den Sowjets wird ihre Treue zu Nadschibullah allmählich zu teuer. In Kabul bestimmen Mangel und Zerstörung das Stadtbild. Nach UNO-Angaben sind vor allem im Norden des Landes etwa 350.000 Menschen von einer Hungersnot bedroht, wenn nicht sofort Hilfe kommt. Die UNO-Verantwortlichen klagen daher vehement über zögernde westliche Hilfe, namentlich über die nicht eingehaltene Bonner Zusage. Die am Donnerstag von den USA angekündigte Einstellung der Nahrungshilfe an die Rebellen wertet man in UNO-Kreisen als Versuch, paradoxerweise die ausgehungerte Regierung in Kabul empfindlich zu treffen. Immer häufiger sollen sich selbst Kabuler Regierungsbeamte - inkognito versteht sich - im südlich von Kabul gelegenen Maidan Schah mit Schokolade, Speiseöl, Bierkisten und Weizensäcken eindecken. Denn hier wechseln Lebensmittel aus dem „PL480„-US-Hilfsprogramm, die für darbende Mudschaheddin vorgesehen waren, ihre Besitzer.

Nur schwer nachzuvollziehen ist derweil die Doppelstrategie der USA. Mit Hunderten von Millionen Dollar an Waffenhilfe haben sie einerseits die fanatischen Moslemfundamentalisten um Gulbuddin Hekmatyar gestützt und müssen nun zugeben, daß diese Hilfe kaum Erfolg brachte. Bislang konnten die Mudschaheddin nicht mehr als die dünn besiedelten Gebiete außerhalb der urbanen Zentren in ihre Gewalt bringen. Erst mit der Eroberung einer größeren Stadt wären allerdings Voraussetzungen geschaffen, um die im pakistanischen Exil gebildete Regierung endlich auch in Afghanistan verankern zu können. Trotzdem sind noch keine Anzeichen für einen Stopp der Waffenhilfe zu erkennen.

Anfang des Monats hatte US-Außenminister Baker andererseits den Sowjets eine politische Lösung angeboten, die eine vorläufige Weiterregierung des Präsidenten Nadschibullah beinhaltet. Deutlicher konnte das Eingeständnis der amerikanischen Fehlanalyse, die dem kommunistischen Regime nicht mehr als drei Monate nach dem Abzug der Sowjets gegeben hatte, nicht ausfallen.

Die verbündeten Moslemrebellen wandten sich ihrerseits vergangene Woche an Gorbatschow. Es sei für den Sowjetführer jetzt noch Zeit, die Unterstützung für das Marionettenregime aufzugeben und dabei an die künftigen Beziehungen mit einer islamischen Regierung Afghanistan zu denken. Von direkten Verhandlungen mit dem Kabuler Regime wollen die Mudschaheddin nach wie vor nichts wissen. Zu dem am vergangenen Mittwoch veröffentlichten gemeinsamen Vorschlag Moskaus und Kabuls, Wahlen unter Aufsicht des Islamischen Weltkongresses und der Blockfreien sowie eine Afghanistan -Konferenz unter UNO-Schirmherrschaft abzuhalten, meinte Exilregierungschef Sayyaf, Präsident Nadschibullah habe gar nicht mehr die Macht, Friedensinitiativen zu ergreifen.

sl