Gorleben: Nur mal im Salz herumgebohrt?

Das Bundesverwaltungsgericht verhandelte über die Frage, ob das Endlager für hochradioaktiven Müll in Gorleben 25 Jahre lang ohne atomrechtliche Genehmigung gebaut werden darf / Letztinstanzliche Gerichtsentscheidung wird am 9. März verkündet  ■  Von Gerd Rosenkranz

Berlin (taz) - Dürfen die Physikalisch-technische Bundesanstalt (PTB) beziehungsweise das Bundesamt für Strahlenschutz des Umweltministeriums allein darüber befinden, was sie im Salzstock unter Gorleben vorantreiben den Bau eines schlichten Bergwerks oder aber den eines Endlagers für hochradioaktiven Atommüll? Mit dieser Frage hatte sich am Freitag der 7.Senat des Bundesverwaltungsgerichts (BVG) in Berlin unter seinem Präsidenten Horst Sendler zu befassen.

Nur auf der Grundlage eines vom Bergamt Celle zugelassenen Rahmenbetriebsplans bohrt die PTB seit Jahren in großem Stil Löcher in das wendländische Salz, das einst die hochradioaktive Hinterlassenschaft der Atomwirtschaft aufnehmen soll. Mindestens bis ins Jahre 2002 sollen den Vorstellungen der Bundesbehörde diese Bohrungen so weitergehen. Dann wird das atomare Endlager größtenteils fertiggestellt sein - ohne atomrechtliche Planfeststellung und mithin ohne jede Bürgerbeteiligung. Der juristische Winkelzug, mit dem die Betreiber hoffen, sich die GegnerInnen des Endlagers insgesamt 25 Jahre lang vom Hals halten zu können, ist denkbar einfach: es sei längst nicht entschieden, ob der hochaktive Müll am Ende tatsächlich in Gorleben landen soll, argumentieren Töpfer und seine Unterlinge seit Jahren schlitzohrig. Was gebaut werde sei nicht etwa das Endlager, sondern lediglich ein „Erkundungsbergwerk“, mit dem der Salzstock auf seine Eignung geprüft werden solle. Dafür reiche einfaches Bergrecht ohne Bürgerbeteiligung aus. Gegen den Versuch, auf diese Weise Fakten zu schaffen, klagen seit 13 Jahren Andreas Graf von Bernstorff, unter dessen Land die atomare Zeitbombe einst ticken soll, und eine Reihe von Betroffenen aus der Umgebung.

Der Klägeranwalt, Reiner Geulen, erklärte vor dem BVG, objektiv sei mit dem Bau des Endlagers begonnen worden. Das atomrechtliche Genehmigungsverfahren hätte deshalb längst eingeleitet werden müssen. Es komme ja auch niemand auf die Idee, die Errichtung eines Atomkraftwerks nach einfachem Baurecht mit dem Argument zu beantragen, man wolle sich zunächst an einem „Erkundungsreaktor“ versuchen. Die Frage der geschaffenen Sachzwänge, ob etwa die verantwortlichen Politiker im Jahr 2002 dann noch so frei seien zu sagen, „wir haben Milliarden ins Salz gesetzt und 25 Jahre lang einen idiotischen Standort erkundet“, nannte Geulen zweitrangig. Sie sei letztlich nur von Psychologen zu beantworten. Tatsächlich müsse sichergestellt sein, daß der Baubeginn nach „objektiven Kriterien“ bewertet werde, und nicht einer „Versubjektivierung“ durch die Behörden, in diesem Fall der PTB, anheimfalle. Sonst könnten „die auch sagen, wir wurschteln hier nur so rum“, meinte Geulen.

Die Vertreter der PTB, die sich in der Vorinstanz vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg mit ihrer Fiktion von der Salzstockerkundung durchgesetzt hatten, nannten eine atomrechtliche Planfeststellung zum gegenwärtigen Zeitpunkt „unzulässig und nicht geboten“. Unzulässig, weil wesentliche Fragen, wie die Eignung des Salzes für die strahlende Fracht, noch nicht beantwortet werden könnten und nicht geboten, weil die EinwenderInnen bei einer Anhörung nicht verstehen würden, daß über den Standort überhaupt noch nicht entschieden sei. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Entscheidung für den 9. März angekündigt.