: Zloty-Kurs muß derzeit nicht gestützt werden
Währungspolitik der polnischen Regierung kann ersten Erfolg verbuchen / „Schuldenstau“ wird langsam abgebaut / Feuerprobe erst im Februar und März ■ Aus Warschau Klaus Bachmann
Polens Regierung kann einige erste Erfolge ihrer Wirtschaftspolitik verbuchen. Wie der Präses der Polnischen Nationalbank, Wladyslaw Baka, in Warschau mitteilte, ist es im Monat Januar gelungen, den Zlotykurs im Verhältnis zum Dollar auf einem Niveau von 9.500:1 stabil zu halten, ohne auf den Stabilisierungsfonds zurückgreifen zu müssen. Der Fonds wurde aus überwiegend niedrigverzinslichen Krediten westlicher Länder zur Durchführung des IWF -Anpassungsprogramms eingerichtet und hat zur Zeit eine Höhe von einer Milliarde Dollar. Zugleich nehmen die Devisenreserven Polens zu, da die Betriebe im Durchschnitt zur Zeit mehr Devisen einnehmen, als sie für Importzwecke ausgeben. Zugleich verkauft Polens Bevölkerung im Tagesdurchschnitt 1,2 Millionen Dollar.
Zwar gab Baka auch zu, daß die eigentliche Probe der Währungspolitik erst im Februar und März zu erwarten sei, da viele Betriebe noch keine Importentscheidungen für dieses Jahr getroffen hätten, doch ist dafür die neugewonnene Zloty -Stabilität nicht der einzige Hoffnungsschimmer für Polens Wirtschaftsreform. Regierungssprecherin Niezabitowska unterrichtete in Warschau die Presse auch über die Ergebnisse einer speziell eingerichteten Kommission beim Finanzministerium. Die Mitglieder der Kommission untersuchen besonders die Preisentwicklung bei Waren des Grundbedarfs. In 14 von 17 untersuchten Fällen seien die Preise im Januar gefallen, erklärte Niezabitowska. Getrübt wird diese gute Nachricht für Polens Verbraucher allerdings von der Hiobsbotschaft, daß der Brotpreis teilweise um mehrere hundert Prozent gestiegen ist.
Die meisten Verbesserungen gibt es jedoch in der Geld- und Bankenpolitik, der die Regierung Priorität eingeräumt hat. In Zukunft wird es keine automatischen Kredite der Nationalbank für die Regierung mehr geben - aufgrund der neu eingeführten Selbständigkeit der Nationalbank ist damit das Betätigen der Druckmaschine eingestellt. Zugleich wurden in 160 Verordnungen die meisten Kreditpräferenzen abgeschafft; in der Diskussion im Sejm sind zur Zeit nur noch niedrig verzinste Kredite für den Wohnungsbau und den Agrarsektor. Ansonsten orientieren sich nun die Zinsen an der Inflationsentwicklung.
Daß durch die nunmehr stark angestiegenen Kreditzinsen insbesondere kleine Handwerker und Bauern in den Ruin getrieben würden, wies Baka zurück. Im Durchschnitt lägen die Kreditzinsen der kommerziellen Banken für mittelfristige Kredite unter der Inflationsrate des Januar - weil die Banken davon ausgingen, daß die Inflation in den folgenden Monaten zurückgehe.
Zugleich ist diese Entwicklung auf die Dezentralisierung des Bankensystems zurückzuführen. Gab es 1986 lediglich vier Banken in ganz Polen, waren es im letzten Jahr bereits neun. Bereits 1990 sollen es 23 werden. Eine Liste von 30 Anwärtern liegt Baka bereits zur Genehmigung vor, darunter auch Joint-ventures und Auslandsbanken. Um diesen die Arbeit zu erleichtern, soll nach Auskunft von Baka noch in diesem Jahr ein modernes Telekommunikationsnetz speziell für Banken Polen mit den Finanzzentren und Börsenplätzen der Welt verbinden. Auch für ein ganz wesentliches Problem des polnischen Finanzwesens bahnt sich nun eine Lösung an: den sogenannten „Schuldenstau“.
Ein Schuldenstau entsteht, wenn Betriebe ihre Schulden nicht mehr bezahlen, weil sie von ihren Schuldnern nicht mehr bezahlt werden. Die Betriebe erteilen sich dann gegenseitig mehr oder weniger freiwillig Kredite. Da das Geld aus den Schulden jedoch anderweitig ausgegeben wird, ohne durch Warenangebot gedeckt zu sein, heizt dieses Phänomen die Inflation an, ohne durch das Finanzministerium kontrollierbar zu sein. Schuldenstaus entstanden in der Vergangenheit oft in Fällen, in denen die Kreditzinsen wegen der Inflation höher waren als die Konventionalstrafen für säumige Zahler, oder wenn letzteren aus übergeordneten Gesichtspunkten nicht die Lieferungen vorenthalten werden durften. Den Vorwurf, die Banken seien durch verzögerte Auszahlungen und Überweisungen an den „Schuldenstaus“ schuld, weist Baka zurück: „Unsere Untersuchungen haben ergeben, daß 95 Prozent aller Überweisungen innerhalb von ein bis fünf Tagen durchgeführt wurden.“
Allerdings werde die Arbeit der Banken stark von der Ineffizienz der Post beschränkt, weshalb manche Banken bereits eine eigene Bankenpost geschaffen haben. Eine weitere Eindämmung der Staus wird die seit Jahresanfang erfolgte Wiederzulassung des Wechselverkehrs bringen. Da Wechsel über den Rediskontsatz der Nationalbank zur Zeit wesentlich günstiger sind als kurzfristige Kredite, greifen immer mehr Betriebe darauf zurück und liquidieren so ihre „Schuldenstaus“.
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