In die Fußstapfen der Briten?

■ WDR-Intendant Nowottny: BBC-Politik zwar nicht „richtungsweisend“, aber „ein Beispiel“ / Klagen über Finanzlage

Nein, der Ausdruck „richtungsweisend“ für die Politik der BBC gehe ihm zu weit, wehrte WDR-Intendant Nowottny am Montag auf der Haushaltspressekonferenz des Senders ab, aber „ein Beispiel“ böten die Briten schon. Zuvor hatte er davon gesprochen, daß „die Kollegen von der BBC“ auf dem „richtigen Weg“ seien - was nämlich ihre restriktive Finanzpolitik, ihren Personalabbau und ihre Einschränkung des Lokalen angehe.

Immerhin: das „Beispiel“ BBC hat sich noch nicht im Haushalt 1990 und der mittelfristigen Finanzplanung des WDR niedergeschlagen. Verglichen mit den Sollansätzen von 1989 sollen die Aufwendungen des WDR um 6,5 Prozent steigen. Der Anstieg bei den Personalaufwendungen beträgt 3,7 Prozent eine Zahl, die Rundfunkratsvorsitzender Reinhard Grätz überaus lobenswert findet. Die Planstellen im Sender sollen um 94 steigen - 81 davon sind nach Rechnung der Verwaltung der Arbeitszeitverkürzung von 40 auf 38,5 Stunden geschuldet, 13 zusätzlichen Aufgaben. Auf insgesamt 4.670 Stellen kommt der WDR im Jahr 1990.

Die Verantwortlichen des WDR ließen keinen Zweifel daran, daß die finanzielle Lage dieses größten öffentlich -rechtlichen Senders in der Bundesrepublik angespannt ist. Was dem WDR - wie auch anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten - zu schaffen macht, ist die private Konkurrenz. Bei der Werbung ist hier inzwischen unverhohlen von einem „Einbruch“ die Rede. Die prognostizierten Verluste belaufen sich auf 50 bis 85 Millionen DM jährlich - ein Defizit, das den für 1990 errechneten Überschuß von 18 Millionen mehr als zunichte macht und auch die Perspektivplanungen des Senders schwer belastet. Deshalb wird es jetzt einen Nachtragshaushalt geben.

Dramatisch unterstreichen Grätz und Nowottny daher ihren Ruf nach dem Gesetzgeber. Die politisch Verantwortlichen stünden „vor einer zukunftsentscheidenden Richtungsbestimmung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“. Wenn schon marktwirtschaftliche Konkurrenz gefordert werde, müsse es auch unternehmerische Handlungsfreiheit geben speziell was die Finanzierungsautonomie angehe. In diesem Zusammenhang konnte Intendant Nowottny einmal mehr sein Lieblingssteckenpferd reiten: die Ausdehnung der Werbung auf die Zeit nach 20 Uhr. Allerdings mußte er auch einräumen, daß es bisher dafür noch „keine realistischen Möglichkeiten“ gebe.

Deshalb brachen Grätz und Co. denn auch eine Lanze für ein Modell, das der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Rau in die Diskussion gebracht hat: die Aufstellung eines spezifischen Preisindexes für den Rundfunk. Vorteil für die Sender: Sie würden wahrscheinlich alle zwei Jahre automatisch in den Genuß einer Gebührenerhöhung kommen; und die Landesregierungen könnten die Gebührenpolitik nicht mehr als Knüppel gegenüber den Anstalten verwenden. Die Parlamente müßten allerdings somit ein Stück demokratischer Mitbestimmungsmöglichkeiten aus der Hand geben - und die ZuschauerInnen mit ständig steigenden Rundfunkgebühren leben.

Bei allen Klagen über die Finanzlage: Drei Neuerungen weist der Haushaltsplan 1990 aus, die - zum Teil im Rahmen der ARD - auf den Weg gebracht werden sollen: die Vorverlegung des Sendebeginns von 1plus um eine Stunde, die Satellitenausstrahlung von WDR 3 über „Kopernikus“ und die Schließung der „Mittagslücke“ gemeinsam mit dem ZDF. Dazu kommt beispielsweise ein etwas größerer Spielraum für den Erwerb von Sportrechten.

Am Rande angesprochen: der Neubau des Studios Düsseldorf und die damit verbundenen Auseinandersetzungen mit der Belegschaft. Der WDR: Die Kolleginnen und Kollegen müßten Mobilität zeigen, so schlimm sei der Wechsel des Arbeitsplatzes von Köln nach Düsseldorf doch nun auch wieder nicht. Allerdings laufen hier noch Verhandlungen mit dem Personalrat. Betroffen, so wurde jetzt bekannt, ist die „Chefredaktion Landesprogramme“, in der beispielsweise die Aktuelle Stunde hergestellt wird. 140 Personen, so die WDR-Leitung, werden umziehen müssen - davon über die Hälfte technisches Personal und 50 bis 60 JournalistInnen.

Manfred Kellner