Nationale Konfrontation bei Wahlen in Opole

Solidarnosc-Kandidatin gewinnt Nachwahl zum Senat gegenüber Vertreter der deutschen Minderheit / Wahlkampf mit nationalistischen Exzessen trotz Absprachen der Kandidaten / Doch noch eine Koalition der deutschen Minderheit mit Solidarnosc bei den Kommunalwahlen?  ■  Aus Opole Klaus Bachmann

Dorota Simonides, Kandidatin des Solidarnosc-Bürgerkomitees für den Senatssitz von Opole in Schlesien, hat mit 67,1 Prozent in der Stichwahl klar gewonnen. Ihr Gegenkandidat Henryk Krol, der sich auf die überwiegend deutsch-schlesisch gesinnte Landbevölkerung stützte, erreichte nur 32,3 gegenüber 39 Prozent im ersten Wahlgang. Letztlich entschied die Wahlbeteiligung. Unter dem Eindruck eines „Nationalitätenwahlkampfes“ strömten die vor allem in den Städten lebenden Polen zahlreich zu den Urnen. So erhöhte sich die Wahlbeteiligung von 30 im ersten auf fast 55 Prozent im zweiten Wahlgang.

Prof.Simonides, eine bekannte Ethnologin aus Opole, die von dem für die polnisch-deutsche Versöhnung engagierten Bischof Nossol unterstützt wurde, bemühte sich, den Wahlkampf von nationalen Emotionen freizuhalten. Sowohl sie als auch Krol könnten im Senat für alle Schlesier sprechen, meinte sie. Dennoch beherrschte die Frage „deutsch oder polnisch“ den Wahlkampf. Noch am Sonntag demonstrierte eine Gruppe junger polnischer Nationalisten aus Katowice vor dem Bahnhof von Opole: „Schlesier ja, Volksdeutsche nein.“ In Flugblättern riefen sie zu Wachsamkeit auf „in einer Zeit, in der der germanische Erbfeind wieder seinen Schädel hebt“.

Nachdem über 124.000 Schlesier für Krol gestimmt haben, läßt sich die These, die Minderheit sei eine von Vertriebenenfunktionären erfundene und finanzierte Fiktion, nicht länger halten. Doch auch die Minderheitenaktivisten müssen nun Farbe bekennen - wie es eine polnische Zeitung ausdrückte: „Ob sie es mit Hupka oder mit Grass halten.“ Krol selbst scheint das bereits erkannt zu haben. Im Wahlkampf trat er betont versöhnlich auf, distanzierte sich teilweise sogar von westdeutschen Vertriebenenverbänden. „Uns hat man nach dem Krieg vertrieben“, erklärte er auf einer Wahlveranstaltung, „aber vergessen wir nicht, auch die Polen wurden hierhergetrieben.“ Eine große Zahl der in den ehemaligen deutschen Ostgebieten nach dem Krieg angesiedelten Polen waren zuvor aus ihrer Heimat in den polnischen Ostgebieten und der Westukraine von der Roten Armee vertrieben worden. „Gemeinsam sollten wir gegen die kämpfen, die uns gegeneinander ausspielen wollen“, so Krol.

Mit Krols Niederlage ist das Problem der deutschorientierten Schlesier in Polen noch nicht vom Tisch

-im Gegenteil. Die Minderheit beginnt sich erst jetzt, nachdem ihr Verein legalisiert worden ist, zu organisieren. Nächste Etappe ist die Kommunalwahl im April. Krol: „Wir haben die Chance, dann unsere Bürgermeister und unsere Gemeinderäte zu wählen.“ Schon im Vorfeld der Senatswahl gab es Verhandlungen zwischen Minderheitsvertretern und Solidarnosc über einen gemeinsamen Kandidaten. Krol: „Solidarnosc war der Ansicht, die Zeit sei noch nicht reif dafür.“ Inzwischen hat wohl auch hier ein Umdenken eingesetzt. Wie die 'Gazeta Wyborcza‘ schrieb, wäre ein entsprechendes Wahlbündnis im April durchaus möglich. Ein Redakteur der 'Gazeta‘ meinte im privaten Gespräch: „Es wäre besser gewesen, wir hätten den Krol gleich als unseren Kandidaten aufgestellt.“