Raus aus dem 68er Museum der Grünen?

Bundesjugendkoordination der Öko-Paxen will die alternde Partei wieder für Jugendliche attraktiv machen / Grüner Nachwuchs: Politik soll jenseits undurchschaubarer Flügelkämpfe endlich wieder Spaß machen / Bundeshauptausschuß gibt den Jungen grünes Licht  ■  Von Michael Blum

Frankfurt (taz) - „Jetzt geht's richtig los“, freut sich Markus Stiegler vom Grünen-Jugendstammtisch Frankfurt. Der Mitarbeiter des grünen Regionalbüros Hessen-West hat allen Grund zum Jubeln: Am Wochenende hat der Bundeshauptausschuß der Grünen - das höchste beschlußfassende Gremium der Bundespartei - einem Antrag von strömungsübergreifenden grün -alternativen Jugendgruppen zur Bildung einer bundesweiten Jugendkoordination zugestimmt. Die neue Institution, die kein bundesweit einheitlicher grüner Jugendverband ist, will Ansprechpartner für Jugendliche sein und gleichzeitig jugendpolitische Themen bei den Öko-Paxen besetzen. Ihre Entstehung geht zurück auf den „Frankfurter Beschluß“. Im Januar dieses Jahres hatten grün-alternative Jugendgruppen aus dem ganzen Bundesgebiet und West-Berlin mit ihrem Beschluß die Initiative für die bundesweite Vernetzung der rund 50 bestehenden Jugendgruppen ergriffen.

Die Gründe für den jugendpolitischen Vorstoß des grünen Nachwuchses faßt Robert Hübner, Mitglied des Landesvorstands der Grünen Hessen, so zusammen: „Die Kultur der Grünen, ihr Outfit, ihre Versammlungen und ihre Sprache ist nicht die der heutigen Jugendlichen.“ Für ihn steht fest: „Auch bei den Grünen gibt es den klassischen Generationskonflikt.“ Für Jüngere, die heute beginnen, sich für Politik zu interessieren, spielten die Grünen keine relevante Rolle mehr, meint Stiegler. „Ihre Strukturen sind verkrustet und die Diskussionen und Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Parteiflügeln nicht mehr nachvollziehbar.“ Politik mache bei den Grünen kaum noch Spaß und jungen Menschen erst recht nicht.

Ob sich das mit der Jugendkoordination so schnell ändern und das grüne „68er Museum“ modernisieren läßt? Noch im Mammutwahljahr 1990 wollen die grün-alternativen Jugendgruppen der in die Jahre gekommenen grünen Elterngeneration jedenfalls gehörig Dampf machen und die Defizite der Bundesgrünen im Jugendbereich stopfen. Aufgabe der Jugendkoordination, die sich im Mai zu ihrer ersten konstituierenden Sitzung treffen und programmatische Eckpfeiler grüner Jugendpolitik festklopfen will, ist die Vernetzung der bestehenden und zumeist kommunalen grün -alternativen Jugendgruppen. Hinzu kommen bundesweite Veranstaltungen, Kongresse und Seminare sowie politische Kampagnen.

Das Bundesjugendgremium setzt sich aus je zwei Vertretern pro Bundesland zusammen. International wird die Zusammenarbeit mit dem grünen „Network“ beabsichtigt. Über die Aktivitäten des Gremiums soll ein vierteljährlich publizierter Basisdienst informieren. Finanziell wird sich die Jugendkoordination im Rahmen einer Bundesarbeitsgemeinschaft der Grünen bewegen.

„Die Jugendkoordination hebt durch das Delegiertenprinzip die fruchtlose Nebeneinander-Existenz von GABA, Judos und den bestehenden grünen Jugendgruppen auf“, erklärt Stiegler. In den letzten Jahren hatten sich auf Länderebene unterschiedliche Gruppen gebildet, die sich auf Bundesebene „allerdings eher blockierten“. In Schleswig-Holstein und West-Berlin haben sich zum Beispiel grünnahe Jugendliche in unabhängigen aber parteinahen Verbänden zusammengeschlossen. Die Jungdemokraten sind von manchen Kreis- und Landesverbänden (Rheinland-Pfalz und Bremen) als Juniorpartner anerkannt. Andere Jugendliche engagieren sich in Landesarbeitsgemeinschaften (Niedersachsen) oder in unterschiedlich strukturierten lokalen Gruppen. In Bayern wird über die Gründung eines grünen Jugendverbandes nachgedacht.

Der 1987 gemachte Versuch, mit der GABA (Grün-Alternative -Bunt-Autonome Jugendgruppen) die verschiedenen Jugendgruppen unter ein Dach zu kriegen, „hat nie richtig funktioniert“ (Stiegler). Auch ein bundesweiter Jugendverband wäre im Vergleich zur strömungsübergreifenden Jugendkoordination nur eine Kopfgeburt, die den unterschiedlichen regionalen Strukturen in den Ländern nicht gerecht werde. Im Gegenteil: Die von den Jugendlichen geschaffenen Gruppenzusammenhänge würden mit einem bundesweit einheitlichen Jugendverband nur zerstört und mit einem festumzäunten Spielraum ausgestattet, so Stiegler und Hübner.