Goldspekulation

Wie DDR-Schieber schnell reich werden wollen  ■ Mit dem AUSVERKAUF auf du und du

Berlin (taz) - Wie gestern bereits in einem Teil unserer Auflage gemeldet, hat am Dienstag in West-Berlin ein großangelegtes Spekulationsgeschäft um DDR-Mark und Gold aus Luxemburg begonnen. In den Westberliner Wechselstuben rund um den Bahnhof Zoo wurde von einer Händlergruppe 1,5 Millionen DDR-Mark gegen 240.000 D-Mark verkauft. Nach Angaben aus informierten Kreisen ist geplant, mit diesem Betrag in Luxemburg knapp über zehn Kilogramm Gold einzukaufen, das dort mehrwertsteuerfrei ist. Anschließend soll das Gold in die DDR geschmuggelt und an der größten staatlichen Ankaufstelle, der „Münze“ in Ost-Berlin, zu deren Festpreis von etwas über 170 DDR-Mark pro Gramm zurückverkauft werden. Dies ergibt einen Erlös von 200.000 DDR-Mark oder - zum derzeitigen Wechselstubenkurs von 16 West-Mark für 100 Ost-Mark - rund 32.000 DM.

„Das Geschäft erscheint mir einleuchtend“, erklärte der Direktor der „Münze“, Hartmut Mielke, gegenüber der taz. Gegen eine Erklärung, daß es sich um persönliches Eigentum handle, könne jeder DDR-Bürger Gold in beliebiger Höhe in der „Münze“ oder einer der anderen staatlichen Stellen verkaufen. Mielke: „Wenn es aus Spekulation stammt, kann ich es nicht beweisen - das ist Angelegenheit des Zolls.“

Geplant sind die Transaktionen in Zukunft zweimal wöchentlich. Den Angaben zufolge sind nicht nur DDR-Bürger an der Ausverkaufsaktion beteiligt, sondern auch Westler. Wegen der Zollkontrollen an der deutsch-luxemburgischen Grenze soll das Gold von Bürgern der Bundesrepublik oder aus West-Berlin gekauft werden, während der Schmuggel in die DDR von DDR-Bürgern übernommen wird.

Der Reingewinn liegt recht genau in der Höhe der 14prozentigen Mehrwertsteuer, die in der BRD und West-Berlin auf Goldgeschäfte erhoben wird. Ein Ankauf in West-Berlin würde sich also für die Spekulanten nur lohnen, wenn der Goldpreis im Westen stark fallen würde. Der Ankaufspreis in der DDR, der zur Zeit ungefähr dem Weltmarktpreis entspricht, ist seit zwei Jahren konstant und wird vom staatlichen Goldverarbeitungsbetrieb Halsbrücke und dem Ministerium der Finanzen und Preise festgelegt. Wegen der Differenz zwischen dem Weltmarktpreis im Westen und den Festkursen im Osten hatte es vor einigen Jahren schon einmal eine heftige Silberspekulation, meist von WestlerInnen, gegeben; die DDR hatte daraufhin festgelegt, daß nur noch die eigenen BürgerInnen Edelmetalle gegen DDR-Mark tauschen dürfen.

Der Verkauf der 1,5 Millionen DDR-Mark gegen D-Mark in West -Berlin hat außerdem dazu geführt, daß sich der Kursauftrieb für die DDR-Mark in den West-Berliner Wechselstuben am Dienstag verlangsamt hat. Geldhändler am Bahnhof Zoo gehen davon aus, daß er angesichts des noch immer recht kleinen Handelsvolumens sogar fallen könnte, wenn regelmäßig Beträge in dieser Höhe getauscht werden. Derzeit beobachten sie eine grundsätzliche Aufwärtsbewegung der DDR-Mark. DDR -BürgerInnen neigen wegen der Gerüchte um günstigere Festkurse im Fall einer Währungsunion gerade eher dazu, mit Geldverkäufen im Westen zurückhaltend zu sein, während andererseits die Nachfrage nach DDR-Mark steigt - aus spekulativem Interesse wie auch für touristische Zwecke. Innerhalb von drei Wochen ist der Erlös für hundert DDR-Mark von rund 12 auf jetzt über 17 D-Mark gestiegen.

Am Mittwoch legte das Ostgeld weiter zu: Für 100 DDR-Mark gab es mittags in den Wechselstuben schon 17,50 DM, was einem DM/M-Ankaufsverhältnis von 1 zu 5,7 entspricht.

diba