Gegen Umweltminister ansegeln

■ Protestaktionen von Naturschutzverbänden sollen die kommende 3.Internationale Nordseeschutzkonferenz begleiten / Mit Segelschiff und Info-Bus von Brunsbüttel nach Den Haag

Brunsbüttel (taz) - Während sich die Umweltminister der Nordseeanrainerstaaten noch auf die 3. Internationale Nordseeschutzkonferenz (INK) am 6.März in Den Haag vorbereiten, haben Naturschutzverbände vor der Küste bereits mit ihren Protestaktionen begonnen. Gestern starteten UmweltschützerInnen aus Schleswig-Holstein vom Elbhafen Brunsbüttel aus mit Segelschiff und Info-Bus zu einer „Nordseeschutz- und Aktionstour“ in die niederländische Hauptstadt. Beteiligt an dieser Tour sind unter anderem die schleswig-holsteinische Sektion des BUND, die „Schutzstation Wattenmeer“ und das alternative Bildungswerk „anderes lernen“.

Nach Zwischenstationen in Wilhelmshaven, Norderney und Emden und nach einer Fahrt durch das holländische Kanalnetz wollen die ÖkologInnen rechtzeitig in Den Haag eintreffen, um den Regierungsvertretern „Druck zu machen und der Ministershow sachliche Aufklärung entgegenzusetzen“, wie sie sagen.

In den niedersächsischen Städten, die auf dem Weg nach den Haag angelaufen werden sollen, sind gemeinsame Aktionen mit örtlichen Bürgerinitiativen zu regionalen Aspekten der Nordseevergiftung geplant. Dabei wird es um Giftfrachten auf Elbe und Jade, um Müllverbrennung an Land und auf See und um gigantische Eingriffe in die Natur, etwa beim geplanten Bau des Dollarthafens, gehen. Darüber hinaus sind viele Informationsveranstaltungen geplant. „Wir wollen mehr Menschen an die Probleme der Nordsse heranführen und Impulse für ein ökologisch verantwortliches Handeln und politisch engagiertes Eintreten geben“, erklärte Peggi Nischwitz, Geschäftsführerin von „anderes lernen“.

Große Hoffnungen auf einschneidende Beschlüsse der INK haben die UmweltschützerInnen nicht. Die auf internationaler Staatssekretärsebene vorbereitete Abschlußdeklaration der Konferenz wurde bereits bekannt. Vermeidung und Verbot schädigender Stoffe sind darin ebensowenig thematisiert wie die Umstellung von Produktionsverfahren. Auch Umweltverträglichkeitsprüfungen sind nicht vorgesehen.

Selbst das auf der letzten INK 1987 in London formulierte Ziel, in den Jahren 1985 bis 1995 die in die Nordsee eingeleiteten Gift- und Nährstoffe um 50 Prozent zu reduzieren, ist in weite Ferne geraten. Wie weit genau, kann derzeit allerdings niemand sagen. Die Belastungen des Jahres 1985 - die Grundlage der Reduzierungspläne - sind weitgehend unbekannt. Im Bonner Umweltministerium arbeiten derzeit mehrere Gruppen angestrengt an der Ermittlung dieser Daten.

Jürgen Oetting