Besetztes Frauenschiff

■ Kölnerinnen kaperten einen alten Ausflugsdampfer

Köln (taz) - Weiberfastnacht in Köln. Während die Polizei damit beschäftigt war, besoffene Pappnasen zu sortieren oder selbst der rheinischen Fröhlichkeit zu frönen, fand sich in der Südstadt eine große Gruppe finster aussehender Piratinnen zusammen. Mit Augenklappen statt Narrenkappen und Doppelaxt-Flagge bewaffnet, zogen die Frauen Richtung Flußufer. Im Rheinauhafen, dem derzeitigen Zankapfel der Kölner Stadtverplaner, besetzten sie ein wunderschönes altes Schiff.

„Wir haben endlich einen Raum für uns gefunden“, steht auf dem Flugblatt der Besetzerinnen, „er lag einfach so da und hat im Wasser geschaukelt.“ Mit dieser Aktion wollen die Frauen auf die Wohnungsnot aufmerksam machen, die besonders Frauen betrifft und die keine Möglichkeiten für alternative Wohn- und Lebensformen bietet.

Die Besetzerinnen haben Verhandlungsbereitschaft bekundet. Da sie nur mit Frauen reden, hat die Leiterin des Kölner Frauenamtes, Li Selter, die Aufgabe übernommen, zu vermitteln. Da die Ansprechpartner offensichtlich im Kölner Karneval verschüttgegangen sind, müssen erstmal die Zuständigkeiten geklärt werden. Der Ausflugskahn gehört dem Hafenverein. Der wiederum gehört zu 10 Prozent der Stadt Köln und zu 90 Prozent den Kölner Stadtwerken, die wiederum der Stadt Köln gehören.

Der Vorsitzende des Hafenvereins erklärte: „Wir stellen den Damen das Schiff gern zur Verfügung. Das kostet 800,- DM in zwei Stunden.“ Die Stadtwerke gaben sich schon großzügiger: Sie boten den Besetzerinnen 500,- DM an, wenn sie das Schiff verlassen.

Uli Klaussmann