„Milka“ im DDR-Fernsehen?

■ Zum Beschluß des Medienkontrollrates

Früher war auch fernsehen einfacher. So wußte der DDR -Bürger, wenn einschmeichelnde Melodien „die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt“ verhießen, daß er einen West-Sender erwischt hatte. In Zukunft wird auch das anders. Dringend benötigte Informationen über das am weißesten waschende Waschmittel, die milchigste Milchschokolade, die atemberaubendsten Autos, köstlichstes Katzenfutter und den saubersten Sanitärreiniger gibt es bald auch im DDR -Fernsehen. Hat doch der aus Vertretern des Runden Tisches und der Volkskammer bestehende Medienkontrollrat dem Generalintendanten des DDR-Fernsehens, Hans Bentzien, in der vergangenen Woche die Vollmacht erteilt, mit den Werberiesen im Westen zu verhandeln.

Allerdings gab es über die Konditionen einige Differenzen. Soll nun von Montag bis Freitag oder auch am Wochenende, für Alkohol oder nicht, nur bis 19.30 Uhr oder sogar bis 21.00 Uhr, täglich nur eine halbe Stunde oder auch länger, für Kinder oder ohne Kinder, mit Sponsoren (wenn ja, mit welchen) geworben werden.

Diskussionspunkte auch die Fragen, welche Sendungen unterbrochen werden dürfen und ob die Frau am Herd schon „eine die Persönlichkeit herabwürdigende Werbung“ ist. Sehr schwer tat sich Hans Bentzien bei der vom Medienkontrollrat dringend geforderten Zusicherung, über Sonderkonditionen für DDR-Betriebe, -genossenschaften und private Unternehmungen nachzudenken.

Es fiel dem Medienkontrollrat offensichtlich nicht leicht, sich zu all diesen Fragen zu einigen, mehrmalsendete die Diskussion im Dissens.

Sei es, wie es sei, der Generalintendant wird jetzt verhandeln, mehr oder minder sinnige Werbespots flimmern in Kürze auch über DDR-Mattscheiben, und mit dem erhofften Mammon soll dann der marode Betrieb Fernsehen wieder flott gemacht werden.

Diese Notwendigkeit einsehend, fragt sich der besorgte Beobachter jedoch, für welchen Verbraucher diese Werbung gut sein soll. Das Anpreisen vom Konsum der vor und vielleicht auch noch nach einer eventuellen Währungsunion unerschwinglichen Güter wird wohl nicht unbedingt zur sozialen Beruhigung in der DDR beitragen. Und ob derOtto -Normalverbraucher (BRD) sich seinen notwendigen Werbekonsum nun im DDR-Fernsehen reinzieht, scheint zumindest fraglich. Gewinner also nur das DDR-Fernsehen?

Claudia Pietsch