Deja vu

■ Wie der Teufel in der Domkapelle hinterm Deich einkehrte

Manchmal hat frau ein deja vu, und dann war's gar keins, sondern die Realität. Also, das war so. Komm ich gestern morgen in die Kapelle gegenüber dem Ambiete, wo vor vierzehn Tagen die Sonne so schön durch die Splitterglasfenster geschiehen hat, während ein junger cand. theol. prüfungspredigte, wie der Teufel Jesus versuchte, als dieser in der Wüste war und fastete.

Komme ich also gestern wieder in diese Kapelle und steht der gestandene Dompastor Dr. Rudloff da und predigt uns 25 Erschienenen darüber, wie der Teufel Jesus versuchte, als dieser in der Wüste war und fastete.

Da der Pastor das nicht weiter erklärungsbedürftig fand und hat er nicht Recht, wen interessiert es schon, was da einer predigt - hab ich nochmal nachgefragt. Und siehe, es war einfach so gewesen, daß der Dr. Rudloff sechs Prüfungspredigten gelesen hat und darin soviel Material gefunden, das hat ihn so angeregt, da hat er einfach selbst noch eine siebte draufgesetzt.

Deja vu bzw. entendu ist zweimal, der Teufel aber versuchte Jesum dreimal. (In diesem Übergang steckt weniger, als Sie vielleicht denken.) Und das drittemal hat er angeboten, ihm die ganze Welt zu Füßen zu legen, ihren ganzen Reichtum, alles, wenn der Gottessohn nur niederkniete und ihn anbetete.

Jesus macht das nicht, klar. Aber warum, das legt der Pastor klar: Er tut es nicht, weil er sich gegen die Macht entscheidet und für das Leiden, für den Tod und die Überwindung des Todes. Gut, sagt der Pastor, wir sind alles keine Gottessöhne, (womit er bei mir gewißlich recht hat) und müssen deshalb das nicht so strikt hinkriegen wie Jesus. Er hat das ja stellvertretend für uns getan.

Protestantens haben das also auch, nicht nur die Katholiken, daß wir was sollen, aber das es dann auch nicht so schlimm ist, wenn wir es nicht ganz so hinkriegen wie der Gottessohn, wenn nur die Richtung stimmt. Aber die Richtung, sehen Sie, Dr. Rudloff, die ist so, wie Sie das sagen, einfach ganz alt abgestandener kältester Kaffee. Warum soll man sich denn, um Gottes Willen, gegen die Macht und für das Leiden entscheiden. Macht ist doch prima, und Sie mit ihrer Dompredigerjob und dem guten Studium und der Kenntnis guten Lebens haben doch Teil daran. Warum soll denn die Macht, sagen wir von jemand, der wirklich was geworden ist wie Rita Süßmuth oder der norwegische Ministerpräsident, der immer so schön schweigt, wenn er Staatsbesuche in Bremen macht oder von Willy Brandt, die eigentliche, die politische Macht demgegenüber des Teufels sein. Mit Verlaub, das glaube ich Ihnen nicht, weil Sie es selbst nicht tun. Merke: Des Teufels ist gewiß, wer redet und nicht recht weiß, wovon.

Uta Stolle