Angriff der BRD-Giganten

BRD-Großverleger fordern Vertriebsmonopol auf DDR-Zeitschriftenmarkt  ■  Aus Berlin Alfred Eisen

Montagabend trafen sich in den Räumen des Berliner Verlags Verleger und solche, die es werden wollen, um einen Verband zu gründen.

Bevor es dazu kam, gab es freilich noch einen Knüller: Der West-Berliner Unternehmensberater Christiansen („ich bin völlig unabhängig“) unterbreitete den verblüfften Anwesenden folgenden Vorschlag: Errichtung eines Vertriebssystems als joint venture unter Führung der westdeutschen Verlage (50 Prozent) mit Beteiligung eines noch zu gründenden DDR Verlegerverbandes (25 Prozent Kapitalbeteiligung) und eines ebenfalls noch zu gründenden DDR Grossistenverbandes (25 Prozent Kapitalbeteiligung).

Am 5. März kämen die West-Deutschen sowieso, dann sei es zu spät, also müsse man das Angebot sogleich annehmen, wenn man überhaupt noch am Vertrieb beteiligt werden wolle.

Für Kenner der Medienlandschaft der BRD war dieser Vorschlag nur die logische Konsequenz aus den Schwierigkeiten, in die die Viererbande der Branche (Bauer, Burda, Gruner+Jahr, Springer) gekommen war, nachdem ihr erster Versuch, sich den Printmedienmarkt der DDR unter die Nägel zu reißen, an der argwöhnischen Konkurrenz gescheitert war.

Die hatte, um den Expansionsdrang der Großen einzudämmen, erfolgreich darauf gedrungen, daß DDR-Verlage und Grossisten vertreten sein müssen. Das wäre in dem von Christiansen vorgeschlagenen Modell der Fall.

Als nicht alle Anwesenden gleich begeistert einstimmten, intervenierte Helfried Schreiter („das blatt“): „Wir müssen jetzt schnell handeln, den Verband gründen, um mitzumachen“.

Er kündete auch an, daß er am Dienstag Vertriebsstellen gründen werde. Das heißt, er wird auch im Grossistenverband sitzen.

Den Vertretern von Taz (West wie Ost) schien das joint venture zwischen Christiansen und Schreiter wie ein abgekartetes Spiel: Beide redeten einen Entscheidungsdruck herbei, der als einzige mögliche Perspektive einer Verbesserung des derzeit von der Post beherrschten Vertriebssystems der Printmedien den Ausverkauf an die West -Monopolisten auswies.

Besonders pikant war dabei, daß Christiansen unerblümt das Bundeskartellamt in's Spiel brachte, das (noch) keine Zuständigkeit in der DDR hat. Dort würden am 27. 2. die Vertreter der Burda, Springer und Co antreten und sich das Placet für das neue Kartell holen.

Die taz, und mit ihr verschiedene mittlere Verleger wandten sich gegen diese Pläne der Vereinnahmung. Sie forderten ein Moratorium jeglicher Verkaufs- und Beteiligungspläne für westdeutsche am Postzeitungsvertrieb und die zügige Verbesserung eines DDR-eigenen Vertriebssystems, in dem sich Gäste wie Gäste benehmen müssen.