1.000 Arbeitsplätze meistbietend zu verhökern

■ Bürgerschaftsdebatte über Wedemeier-Träume: Abgeordnete diskutieren heute über Wackel-Konzern „Systemtechnik Nord“

„Hier ist alles wie gelähmt, der Laden geht langsam kaputt.“ Die Stimmung im Betriebsratsbüro von MBB/Unternehmensbereich Marine- und Sondertechnik ist mies. Seit Anfang Februar die Verhandlungen zwischen Daimler Benz und einem Unternehmenskonsortium unter 30-Prozent-Beteiligung des Bremer Vulkan über eine neue Konzernheimat der rund 1.000 MBB-Beschäftigten in der „Systemtechnik Nord“ geplatzt sind, weiß auch bei den Betriebsräten niemand mehr, wo's in Zukunft langgeht. Klar ist nur: Einen langwierigen Preispoker zwischen Daimler und dem Firmenkonsortium der „System-Technik-Nord“ können

sich vielleicht die Konzernma nager leisten. Die Beschäftigten nicht. Schon jetzt versucht die Konkurrenz hochqualifiziertes Personal abzuwerben. Krupp -Atlas-Elektronik und Dornier schalteten großformatige Stellenanzeigen.

Betriebsrat Uwe Neuhaus vermutet ähnliche Entwicklungen auch bei der Auftragsvergabe: „Einem Unternehmen mit völlig ungewisser Zukunft gibt niemand Aufträge. Wenn die Daimler -Manager sich tatsächlich bis 1991 Zeit lassen mit dem Verkauf (diese Frist hat Bundeswirtschaftsminister Hausmann den Daimler Managern für den Verkauf eingeräumt, d. Red.), kön

nen sie den Laden hier auch gleich zu machen.“

Hinzu kommt: Die Aktien für einen neuen Rüstungskonzern sinken sowieso täglich. Angesichts der politischen Entwicklung in Osteuropa und und Wiedervereinigungsdebatten in BRD und DDR könnte die beteiligten Firmen die Lust auf eine neue Rüstungsschmiede schon bald verlieren. Schon jetzt schlägt drückt das Abrüstungsklima auf die Preise: Ganze 300 Millionen ist die Systemtechnik-Nord dem Firmenkonsortium noch wert, Daimler fordert fast das Dreifache und ist inzwischen auch bereit, Unternehmensteile einzeln und meistbietend zu verhökern. Inter

esse an den Bremer Marine- und Sondertechnikern wird z.B. der Thyssen AG nachgesagt.

Heute wird sich auch die Bürgerschaft mit den vorerst geplatzten Träumen von einem neuen Konzern-Dach für die rüstungstechnologischen Firmen-Restbe

stände der Daimler-MBB-Fusion befassen. Betriebsräten und Gewerkschaftern hatte Bürgermeister Klaus Wedemeier, der die geistige Vaterschaft für die Systemtechnik-Nord in in der letzten Woche allerdings wenig Aufmunterndes zu berichten. Mehr

als bei Käufern und Verkäufern ein gutes Wort einlegen, kann auch Wedemeier nicht. Mit Steuergeld - so lautet jedenfalls bislang die Devise - wird die Lücke zwischen Preisforderung und - angebot nicht gestopft.

K.S.