: „Kirchenasyl“ in Cuxhaven
■ Kirchengemeinde will indischen Flüchtling monatelang verstecken
Wolfsburger ChristInnen hatten damit angefangen. Nachdem ihr Gemeindemitglied Edda Buß von einem einjährigen Indienaufenthalt zurückgekehrt war, hatten sie sich entschlossen, vier gefährdete Sikhs vor der Abschiebung in den indischen Staat Pandschab zu bewahren und reihum heimlich privat zu beherbergen - ihnen „Kirchenasyl“ zu gewähren. Jetzt tun Cuxhavener ChristInnen es ihnen nach. Mitglieder der Kirchengemeinde in Altenwalde, einem Cuxhavener Ortsteil, entschlossen sich, den indischen Flüchtling G.S. für die kommenden Monate in ihren Privatwohnungen zu verstecken, zu nähren und zu kleiden - in anderen Worten: ihm ebenfalls „Kirchenasyl“ zu gewähren. Letzte Woche Dienstag stellte sich auch der Kirchenkreistag, das Parlament des Evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Cuxhaven, hinter den Entschluß der Altenwalter ChristInnen. Der Fall G.S. war akut geworden, weil auch sein letzter Versuch, als Flüchtling anerkannt zu werden, vom Petitionsausschuß des Niedersächsischen Landtags abgelehnt worden war. Pastor Siegfried Bochow von der Gemeinde Altenwalde hatte dem Kirchenparlament deutlich gemacht, daß dem jungen Sikh in seiner Heimat Pandschab mindestens Gefängnis, wahrscheinlich Folter, möglicherweise sogar Tod drohe. Das „Kirchenasyl“ sei ein „Akt der Humanität und der christlichen Verantwortung“. In geheimer Abstimmung hatten die Mitglieder des Kirchenparlaments mit 21 Ja und 5 Nein -Stimmen für das „Kirchenasyl“ gestimmt. Der Cuxhavener Arbeitskreis Asyl will mit seinem Engagement erreichen, so Karl-Heinz Zulkowski-Stüben, „daß der Pandschab zum Krisengebiet erklärt wird und daß für Sikhs eine Duldung ausgesprochen wird.“ Die aktiven Gemeindemitglieder in Altenwalde haben bisher mehr negative als positive Resonanz auf ihre Aktion bekommen. Gestern beispielsweise drohte in einem Leserbrief ein Bürger seinen Kirchenaustritt an, weil die Cuxhavener Kirche mit ihrer Asylpolitik gegen geltendes Recht verstoße. Andere Gemeindemitglieder beklagten, daß zunehmend ausländische Flüchtlinge von deutschen Steuergeldern lebten. Die Altenwalder Kirchengemeinde will das „Kirchenasyl“ für G.S. nicht aus dem Kirchensteueraufkommen bezahlen, sondern hat ein Privatspendenkonto eröffnet. Der Cuxhavener Stadtrechtsrat Conradi hat, so berichtet Karl-Heinz Zulkowski-Stüben vom dortigen Arbeitskreis Asyl, gleich nachdem er vom „Kirchenasyl“ des G.S. erfahren hat, dem untergetauchten Flüchtling die Sozialhilfe bereits gestrichen.
B.D.
Die nächste Veranstaltung findet statt am 11. März um 17 Uhr im Gemeindehaus der Kirchengemeinde Altenwalde. Als Referent ist geladen der Vorsitzende der Sikh -Jugendorganisation aus Köln.
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