DDR-Schornsteine zittern schon

■ Umweltschutzorganisation Greenpeace stellte gestern ihre neue DDR-Sektion vor

Ost-Berlin (taz) - Biermann wird sich freuen: Nur um die Ecke von seiner ehemaligen Wohnung in der Chausseestrasse wird Greenpeace-DDR ihr Büro eröffnen. Die fünfköpfige Kernmannschaft der neugegründeten DDR-Sektion stellte sich gestern im Ostberliner Pressezentrum vor. Peter Grützmacher (46), Jörg Naumann (31), Heidrun Rottenbach (35), Christof Tannert (44) und Mathias Voigt (27) wollen mit ihrer Arbeit dafür sorgen, daß „das sich abzeichnende 'Wirtschaftswunder‘ in der DDR nicht auf Kosten der Umwelt geht“. Alle fünf kommen aus der Umweltbewegung der DDR, alle fünf dürfen auf reichliche Erfahrungen mit Repression und Stasi zurückblicken. Naumann und Grützmacher hatten schon vor den Novemberereignissen mit Greenpeace zusammengearbeitet. Als dem alten Umweltminister Reichelt im September 1986 nächtens ein Zentner Werra-Salz vor die Tür gekippt wurde, hatte Grützmacher die Hände im Spiel.

Heidrun Rottenbach ist optimistisch: „Viele tausend Menschen in der DDR hoffen auf uns und sind bereit, etwas für Greenpeace zu tun.“ In Rostock und Magdeburg enstehen bereits die ersten Städtegruppen. Derzeitiges Hauptproblem angesichts der Umweltmisere: „Wo sollen wir anfangen?“ Mathias Voigt: „Die DDR kann nicht von heute auf morgen die gesamte chemische Industrie stillegen.“ Greenpeace will neben den Flüssen auch „die Geldströme beobachten“. Es müsse genau verfolgt werden, „welcher West-Konzern mit welchen Verfahren hier einsteigt“ (Naumann). Den „gebundenen Händen“, der Generalausrede in 40 Jahren SED, will Heidrun Rottenbach ein neues Gefühl von Verantwortlichkeit gegenüberstellen. Vom Arbeiter bis zum Kombinatsdirektor müsse dieses Verantwortungsgefühl wachsen, als Grundlage jeder ökologischen Erneuerung der DDR.

Der Greenpeace-Multi will nach seiner DDR-Gründung weiter expandieren. Nach Moskau und Ost-Berlin soll das nächste Büro bald in der Tschechoslowakei entstehen.

-man