Lieber Walter!

Offener Brief zum KiTa-Streik  ■ D O K U M E N T A T I O N

Lieber Genosse Regierender Bürgermeister, unsere Abteilungsversammlung hat uns am 20.2.90 beauftragt, Dir einen Brief zu schreiben, der Dir unsere Gedanken zum KiTa -Streik nahebringen soll.

Dir ist bekannt, der Streik der ErzieherInnen geht in die 7. Woche. ErzieherInnen, ihre Gewerkschaften ÖTV und GEW und die Eltern (Landeselternausschuß und alle Bezirkselternausschüsse) fordern in solidarischer Geschlossenheit Tarifverhandlungen vom Senat. Aber auch immer mehr GenossInnen unserer Partei (Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen, Landesdelegiertenkonferenz der Berliner JungsozialistInnen, Kreisvorstand Schöneberg, Bezirksbürgermeister König aus Kreuzberg, die Jugendstadträtin aus Schöneberg und Tiergarten u.v.m.) und inzwischen drei SenatorInnen (leider nicht SPD) haben die Notwendigkeit von Tarifverhandlungen erkannt und fordern sie.

Für uns ist unerträglich, daß Du als Regierungschef kein Gespür zeigst für die lauteren Motive der Streikenden und der Eltern. In der Öffentlichkeit, bei den Betroffenen und auch bei uns GenossInnen entsteht allmählich der Eindruck, Dir sei der Bereich der öffentlichen Kindererziehung ebenso gleichgültig wie den CDU-Regierungen der 80er Jahre.

Es gibt von Dir keine persönliche Geste des Dialogs, des Verstehen-Wollens oder auch des Überzeugen-Wollens. Du verhältst Dich formal, distanziert, von oben herab, Regierungsgewalt ausübend.

Lieber Walter, den Zeitpunkt, um verantwortungsvoll Größe zu zeigen, kannst Du noch ergreifen! Dieser Streik würde in einen Trümmerhaufen in den KiTas, bei ErzieherInnen und Eltern und auch bei uns bisher nahestehenden GewerkschafterInnen enden, wenn Du persönlich mit aller Gewalt starr gegen Tarifverhandlungen bliebest.

Die Gewerkschaften und ErzieherInnen sind erstaunlich weit auf die Vorbedingungen der Senatsverwaltung für Inneres eingegangen. Jetzt liegt es an Dir, den Streik zu beenden. Wir appellieren an Dich, den Weg zu Tarifverhandlungen zu beschreiten.

Mit sozialistischen Grüßen, Frank Maciejewski, Angelika Menze, Dr.Klaus Mucha