Blue Notes auf schwarzer Harfe

■ Jazz auf der Pedalharfe spielte Deborah Henson - Conant im Bremer Jazzclub

Sie ist das schwarze Schaf unter den Harfenistinnen, und so ist es recht und billig, daß ihr Instrument schwarz funkelnd auf der Bühne steht, und sie selbst in Schwarz gewandet das Konzert bestreitet. Entweiht sie nicht dieses himmlische Instrument, aus dem normalerweise nur die engelsgleichen und harmlosen Hosiannakaskaden tönen; gehört es sich, da plötzlich den Blues zu zupfen und jazzrockigen Radau zu machen?

Deborah Henson-Conant ist nicht die erste und einzige Jazz

harfinistin, wie die Kollegin vom Bremer Fernsehen behauptete: Alice Coltrane spielt seit den späten 60er Jahren sogar Freejazz auf der Harfe, aber Frau Henson-Conant hat aufgeräumt mit den ewigen, lautmalerischen Tonbögen, bei denen auch Frau Coltrane noch stehenblieb, und so die Harfe eher zum Kolorieren, als zum eigenständigen, melodischen Spielen eingesetzte.

Frau Henson-Conant zupft mit einer erstaunlichen Aggressivität und Dynamik und einer Phrasierung, die manchmal ans Klavier

und dann wieder an die Gitarre erinnert. Ihre Band, die aus sehr jungen, deutschen Musikern an Schlagzeug, E-Bass und Gitarre besteht, begleitet sie dabei unspektakulär, doch kompetent, nur bei den lauteren Jazzrockpassagen übernimmt die leerlaufende Eigendynamik dieser Stilrichtung das Kommando, und man sieht für eine Weile nur, daß auch die Frau an der Harfe mitspielt, hören kann man sie im verstärkten Sound der Jünger von McLaughlin und Pastorius nicht mehr.

Viel überzeugender klangen

dann auch die ruhigeren, lyrischen Eigenkompositionen der Chefin, bei denen sie sich als gute Entertainerin entpuppte, die zu jedem Stück eine putzige Geschichte in noch putzigerem Deutsch erzählte.

Bei einem Lied über die tausend Staubteilchen in der Morgensonne in ihrem „Mädchenbettzimmer“ schlich sich dann doch wieder etwas von dem süßlichen Schönklang ein, den man mit der Harfe assoziiert, bei einem von schottischer Folklore inspirierten Stück konnte man dagegen Anklänge an eine ganz andere Tradition des Harfenspiels hören: Die komplizierten melodischen Verzierungen der keltischen Volksmusik. Richtig albern wurde Frau Deborah, als sie ein Stück über „der Hunden aus der Nachbarschaft“ sang. Später setzte sie auch bei einigen Standards wie „My Funny Valentine“ oder „All Blues“ ihre Stimme ein: schön, einfach und unprätentiös.

Die Gruppe füllte drei lange Sets mit einer abwechslungsreichen Mischung aus Eigenkompositionen und Jazzklassikern, wobei ausgereichnet das ausgeleierte „Take Five“ mit stürmischem Beifall begrüßt wurde, was nicht für die Kompetenz des Publikums spricht. Eine wunderschöne Version von „Somewhere over the Rainbow“ wurde dagegen eher kühl aufgenommen Auch wenn Deborah Henson-Conant für den Rest des Abends versuchte, ihr Instrument aus dem Himmel herunterzuspielen; bei diesem Titel half alles nichts: er muß für die Harfe komponiert worden sein.

Willy Taub