Gefangene Frauen müssen nach Blockland umziehen

■ Oslebshauser Knast braucht Platz / Frauenabteilung geht in die JVA Blockland zu Jugendlichen und Kurzstraflern / Beirat und Grüne haben Bedenken

Weit hinter den Toren der Stadt, gebildet aus tristem Eisenbahntunnel und einer Autobahnbrücke, erreichbar nach zwei Kilometern Fußmarsch vom Gröpelinger Straßenbahndepot aus - da liegt der Blockland-Knast. Und dahin werden vermutlich noch in diesem Jahr die gefangenen Frauen aus dem Oslebshauser Knast verlegt: in eine dann „selbständige JVA für Frauen“ innerhalb der dann dreiteiligen Blockland -Anstalt. So steht es in der Vorlage, die heute nachmittag von den Justiz-Deputierten schlicht „zur Kenntnis genommen“ werden soll. Im Blockland untergebracht sind bereits der Strafvollzug für männliche Jugendliche (eigentlich junge Erwachsene) und für „Kurzstrafler„-Männer, die ihre maximal 6 Monate hier abbrummen.

Die vorgesehenen Einzelzellen im Blockland, vom Anstaltsleiter Dr. Manfred Wiegand „Hafträume“ genannt, sind schockierend klein: 8,45 qm. Bett, Klo, Waschbecken, Spind. Vielleicht demnächst als Errungenschaft ein Vorhang vor dem Klo. Kein Platz zum Umdrehen. Dicke Streben vor dem Fenster. Stahltüren.

Die Behörden-Rechnung geht bestechend auf: Erstens steht im Blockland seit Jahren immer mehr Knastraum leer, weil zum Glück immer weniger Jugendliche zu Haft verurteilt werden. Ehemals für 300 gebaut, sitzen jetzt noch 60 Jungs ein. Zweitens soll der Oslebshauser Massenknast für den Wohngruppenvollzug umgebaut werden. Die brauchen da also Platz, um während der Bauzeit Gefangene auszulagern. Drittens muß das Drogen

problem in Oslebs angegangen werden. Da wird eine abgeschottete Abteilung gebraucht, ein ziemlich drogenfreier Raum, für Abstinenz-Willige, für Methadon-Behandelte, für Therapiewillige. Und da gibt es doch im Oslebshauser 400 -Männer-Knast das Eckchen, wo bis heute die 20 gefangenen Frauen ihr Schattendasein führten: einfach zu wenige, als daß je richtig Personal für Freizeit, Sozialarbeit, Sport eingestellt worden wäre. Und andersherum freut sich auch der Anstaltsleiter im Blockland, wenn er mit der Frauenabteilung aufgestockt wird. Er kann seine Bediensteten - und damit auch die bestehende Angebotspalette - halten, auch wenn die Jugendlichen weniger werden. Und er wird der Chef einer Anstalt mit drei Vollzugseinheiten. Andere Ideen, etwa den Frauenknast in die Innenstadt zu verlegen sicherheitstechnisch kein Problem - oder in Blockland mehr Platz für die Jugendlichen frei zu lassen, wurden aus Kostengründen sofort verworfen.

Und die Oslebshauser Frauen? Die sind unsicher. „Es sind so viele Gerüchte, wir wissen nichts Genaues. Wir möchten eigentlich lieber hier bleiben.“ Frau C., mit schräg aufgesetzter Ballonmütze und wie alle hier in Privatkleidung, kommt gerade von der Knastarbeit (Zahnstocher verpacken, Kinderhosen nähen) in ihre Zelle, die taz-Reporterin darf mal reingucken. Ein Wunder, was sie draus gemacht hat. Die Zellen in Oslebs, kaum zu glauben, sind noch kleiner als im Blockland: 7,5 qm. Die Fenster sind so hoch, daß man gerade ein bißchen Himmel sieht, aber nicht hinunter auf die Welt gucken kann. Und die Frauen haben mit Postern, Bildern, Aquarium, Spitzengardinen und weiblichem Sammelsurium kleine eigene Welten aus ihren Zellen gemacht „keine Männerzelle sieht so aus“, kommentiert Oslebs -Knastleiter Hans-Henning Hoff. Der sagt „Knast“ und „Zelle“ und auch: „Wir sind ein Dienstleistungsun

ternehmen für die Gefangenen.“ Und gibt zu, daß die 20 Frauen eher am Rande des 400-Männer-Knastalltags stehen, Randgruppe sind, pflegeleichte dazu: Frauen sind praktisch kein Sicherheistrisiko, brechen nicht aus, schlagen sich nicht gegenseitig zusammen. Selbst Gewalttäterinnen sind meist Beziehungstäterinnen, die vielleicht nach langer Tragödie ihren Mann umgebracht haben, aber deshalb nicht gemeingefährlich sind. Hoff: „Ich würde die Frauen gern hierbehalten - aber wir brauchen den Platz einfach.“

Wenn die Justizbehörde und der neue Anstaltsleiter Wort halten, wird die Lage für die Frauen im Blockland vielleicht sogar ein

bißchen besser: Zelleneinschluß erst um 22 Uhr statt um 18.30 Uhr, mehr Besuchszeiten auch am Wochenende, mehr Räume für Teeküchen, Eßplätze, Selbstverpflegung, Waschmaschine, Münzfernsprecher. Und: „Wir wollen weg vom Stücklohn und hin zur Ausbildung, zum Kreativen“, so Justiz-Referent Krieg. Eine eigens fest eingestellte Sozialarbeiterin soll soziale Trainingsprogramme organisieren, einen neuen Anbau als Werkstatt soll es geben, der Nato-Draht kommt weg. Den Anbau und den Innenhof - derzeit unbenutzt und grasbewachsen sollen die Frauen sich „frei selbst gestalten, von mir aus mit Volleyballfeld

und Petersilie, wenn sie das wollen“, so Blockland-Knastchef Wiegand.

Worauf er von sich aus lieber nicht zu sprechen kommt: die denkbar schlechte Verkehrsanbindung. Nicht nur für die gefangenen Frauen, die sich nach Ausgang oder Urlaub auf einen 2-Kilometer-Weg durch Dunkelheit, Tunnel und Schrebergärten machen müßten. Auch für Familienangehörige und Freundinnen, für jeden Besuch. Geplant ist ein zeitraubendes Verfahren: Melden in Oslebs, Meldezeit aufschreiben lassen, in einem tristen muffigen Warteraum die Zeit absitzen, bis ein Wagen zum Transport nach Blockland kommt.

Die Sprecherin des Blockland-Knast-Beirats und vier weitere Mitglieder haben sich in einem Brief an den Senator gegen den weiblichen Zuwachs in Blockland ausgesprochen, fürchten den Kontakt zwischen „Drogenabhängigen Frauen und Prostituierten mit den Jugendlichen“. Die Jugendlichen würden immer weiter zurückgedrängt. Sprecherin Ruth Fink (SPD) zur taz: „Die machen das nur aus Kostengründen! Die Zusammenballung der drei Gruppen ist nicht tragbar!“ Ein klares Konzept für den Frauenvollzug vermißt die Grüne Deputierte Carola Schumann: „Frauen haben keine Lobby, spielen keine Rolle - die kann man hin- und herschieben!“ Wenn schon Verlegung, solle man besser die Frauen im offenen Vollzug im Fuchsberg unterbringen - „die sind weder fluchtgefährdet noch gewalttätig“. Der Anstaltsbeirat fürchtet, daß das gesetzliche Trennungsgebot der verschiedenen Gefangenengruppen nicht strikt genug durchgehalten wird. Schumann geht es umgekehrt darum, daß durch das Trennungsgebot nicht alle Gruppen mehr Einschränkungen und mehr Kontrolle haben. Wiegand hat dagegen keine Bedenken, etwa aus Theaterabenden, Rockkonzerten oder Sport „gemeinsame kontrollierte Veranstaltungen“ zu machen. Susanne Paa