Kosovo-betr.: "Hoffen auf die Demokratisierung", taz vom 22.2.90

betr.: „Hoffen auf die Demokratisierung“, taz vom 22.2.90

Wieder einmal muß ich feststellen, daß es Tito zu verdanken ist, daß in den fünfziger und sechziger Jahren Friede in dem Vielvölkerstaat Jugoslawien herrschte und es wird dem/der LeserIn suggeriert, dem Kosovo ging es unter Tito gut.

Tatsache ist - die Kosovo-AlbanerInnen hatten wesentlichen Anteil am jugoslawischen Befreiungskampf, wurden aber danach politisch und wirtschaftlich benachteiligt, was letztendlich zu der heutigen Situation führte (Armut und Arbeitslosigkeit).

Tatsache ist - daß in den ersten Nachkriegsjahren Jugoslawien enge politische und wirtschaftliche Beziehungen zur Volksrepublik Albanien unterhielt, bevor es zum Bruch kam, als die AlbanerInnen feststellen mußten, daß die jugoslawische Führung (Tito), Anstalten machte, die Zusammenarbeit in ein Abhängigkeitsverhältnis zu verwandeln, mit dem finalen Ziel, Albanien der jugoslawischen Föderation als siebte Republik einzuverleiben. Nur der Verurteilung des Kominform Büros und Stalin ist es zu verdanken, daß es nicht so weit kam. So ist es auch nicht verwunderlich, wenn Albanien noch heute eine positive Einstellung zu Stalin hat.

Aber die Situation im Kosovo zeigt nun deutlich eine sich fortpflanzende Entwicklung des serbischen Imperialismus in der Tradition der „Titoistischen Politik“, der gar vor Völkermord nicht zurückschrecken würde. Beweis sind da die großangelegten Hetzkampagnen der serbischen Führung.

Rosemarie Reindl, Ebersberg

betr.: dito, „Serbien und Albanien wollen den Status quo erhalten“, „Neutralität“, taz vom 22.2.90

(...) Wenn man die Berichterstattung in anderen Medien verfolgt und/oder sich in Gesprächen mit unmittelbar Betroffenen - unterhalb der Ebene diverser Vereins- und Parteiführungen - unterhält, ergibt sich ein etwas anderes Bild.

Daß die serbischen Familien von Albanern aus dem Kosovo verjagt werden, ist keine Erfindung serbischer Pressekampagnen, sondern Realität. Betroffene leben auch in Berlin! Ob Serbinnen nur unter Anleitung ihrer Männer demonstrieren, wie Erich Rathfelder behauptet, läßt sich wohl nur nachprüfen, wenn man selber bei einer solchen Demonstration anwesend war und zumindest halbwegs die serbokroatische Sprache beherrscht. (...)

Tatsache - und auf den veröffentlichten Fotos auch nachprüfbar - ist aber, daß Albanerinnen nicht demonstrieren: Die Kosovo-AlbanerInnen sind, von Ausnahmen abgesehen, tiefgläubige Moslems, folglich darf die Frau zu Hause sitzen und das ganze mit plattgedrückter Nase von der Fensterscheibe verfolgen. Wenn man sich bei der Berichterstattung über angebliche Polizeiüberfälle auf ein (vermutlich albanisches) Dorf nur auf Berichte von (vermutlich albanischen) Augenzeugen verläßt, sollte man bedenken, daß „Augenzeugen“ viel erzählen können - die von Rathfelder selbst eingeräumte offene Atmosphäre in einem Cafe in Pristina steht in einem seltsamen Kontrast zu der in dem Artikel immer wieder behaupteten blutigen Repressionspolitik im Kosovo. (...)

Frank-Rene Domes, Berlin