piwik no script img

Sturer Postminister

Der Referatsleiter Informationstechnik beim Bundesdatenschutzbeauftragten zur Speicherung von Telefondaten  ■ I N T E R V I E W

taz: Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz hat bei der Vorstellung seines Jahresberichtes auf einen heftigen Streit mit dem Bundespostministerium hingewiesen. Worum geht es?

Werner Schmidt: Es geht darum, daß der neue Postdienst ISDN, die Zusammenfassung aller Telekommunikationsdienste auf einem Dienst, damit belastet werden soll, daß nunmehr die Verbindungsdaten auch von Telefongesprächen über längere Zeit nachgewiesen werden sollen. Das hat zur Folge, daß über ein Telefongespräch drei Monate lang gespeichert wird, wer mit wem wann und wie lange verbunden war. Und das kann je nach Beruf oder persönlicher Lage für den Gesprächsteilnehmer sehr unangenehm sein. Es könnte für viele Bürger ein Grund sein, Beratungsstellen nicht mehr anzurufen, weil ihre Gespräche dann nachvollziehbar würden.

Nun hat der Bundesdatenschutzbeauftragte diese Aufzeichnungen von Telefondaten schon mehrfach beim Postministerium moniert. Sie sind dort auf taube Ohren gestoßen?

Ja, wir bedauern das sehr. Uns ist völlig unverständlich, warum die Post die vollständige Zielnummer von Telefonanrufen speichern muß. Für die Berechnung der Gebühren, die das Postministerium immer als Begründung angibt, reicht die Aufzeichnung der jeweiligen Ortsnetznummer. Dazu braucht man nicht die vollständige Nummer des Angerufenen. Dieses Argument hat die Post bisher nicht entkräftet. Es fehlt uns immer noch ein überzeugender Grund für diese doch sehr erhebliche Speicherung, die alle Bürger, die telefonieren, betrifft. Wir haben im Mai letzten Jahres dem Postministerium bei einem Kontrollbesuch unsere Bedenken gegen diese Aufzeichnung vorgetragen. Wir haben das dann auch schriftlich beanstandet als eine Sache, die nach geltendem Recht gar nicht zulässig ist. Wir haben in verschiedenen Gesprächen versucht, mit der Post in eine inhaltliche Auseinandersetzung darüber zu kommen, vergeblich. Es ist schon sehr erstaunlich, wie hartnäckig und ohne einen wirklichen Grund die Post auf diesen Aufzeichnungen besteht.

Hat sich eine Behörde schon einmal so stur Ihren Bedenken widersetzt?

Es ist schon sehr ungewöhnlich, daß eine Behörde sich unseren Einwänden so verschließt. Und bei dieser Sache geht es ja nicht um ein paar Leute, sondern in naher Zukunft um Milliarden von Telefondatensätzen, bei denen man sich fragt

-auch wenn man nichts zu verbergen hat: Was geht das die Post eigentlich an, mit wem ich telefoniere? Für eine Geschichte dieser Größenordnung und Bedeutung ist es außergewöhnlich, wie sich das Postministerium verhält. Wir haben sonst doch wenigstens immer nachvollziehbare Argumente gehört. Die Diskussion wirkt festgefahren. Deshalb versprechen wir uns jetzt eine Änderung der Lage dadurch, daß sich auf unsere Initiative hin der Bundestag damit beschäftigen wird. Denn eine solche Frage kann man nicht den Posttechnikern überlassen, die entscheiden: weil etwas technisch möglich ist, wird es auch gemacht. Das ist eine so wichtige Frage, bei der die Politik mitzureden hat.

Interview: Vera Gaserow

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen