Ein schwernasser Furz

■ Brrrrrumm: Dr. Zimmermann (CSU) und die sozialistische 'Junge Welt‘ denken nur an das eine: Autos

Das kann Dr. Friedrich Zimmermann nicht beabsichtigt haben: Mit ein paar Bemerkungen in 'Bild‘ („Die ich täglich lese“) hat er uns ans Regal getrieben, um wieder einmal ein bißchen in den blauen Bänden zu schmökern. Hauptsächlich des Satzes wegen: „Und der Sozialismus hat schon seit je ein gestörtes Verhältnis zum Auto.“ Für all diejenigen, die im Text nicht gerne zurückgehen, und auch weil es stilistisch wie inhaltlich ganz einfach lohnt, gleich nochmal: „Und der Sozialismus hat schon seit je ein gestörtes Verhältnis zum Auto.“

Gutgläubig wie wir sind, halten wir Karl Marx danach erst einmal für einen militanten Radfahrer (vermutlich aus Mittellosigkeit). Was muß der Rauschebart mit all seiner Polemik über den ADAC hergefallen sein. Aber: große Pleite! Nix findet sich im alphabetischen Sachregister zum Beispiel der drei Kapital-Bände, wo doch laut Zimmermann die theoretische Basis für die sozialistische Autofeindlichkeit hätte gelegt sein sollen: Automatisches Maschinensystem, Autorität - fertig. Kleine Hoffnung keimt noch einmal bei Trucksystem und Differential auf, aber das eine entpuppt sich als eine Art der Entlohnung, das andere als eine Rente. Hat die alte Schwurhand also wieder einmal, sagen wir nicht: gelogen, sagen wir: an Unterzuckerung gelitten? Schließlich hat sie ja auch über „sozialistische Straßenverhältnisse, Tempo 100 und 0,0 Promille“ geschrieben. Ein echtes Terrorregime, dieser Honecker-Staat! Wer will schon, wenn er abends die Birne voll und die Blase unter Hochdruck hat, schwankenden Beines nach Hause...? Herr Zimmermann jedenfalls nicht. Was? da sagt wer, Gedanken wie die von Dr. F's Sozialautomatismus entstünden als geistige Blähung wie ein schwernasser Furz durch übermäßigen Konsum von weißem Rettich und vier Maß Bier? Nein: Es ist nur einfach so, daß sich der Minister nicht richtig informiert hat.

Wenn er nämlich neben 'Bild‘ noch täglich die 'Junge Welt‘ lesen würde, hätte er die Freude festgestellt darüber, daß „die PS-Jagden auf der Straße, beim Cross oder der Rallye in diesem Sommer so interessant werden wie lange nicht“. Aber ein CSU-Mann läßt halt die Finger von einem Blatt, das wendig vom „Organ des Zentralrats der FDJ“ zur „Linken sozialistischen Zeitung“ mutiert ist.

Deshalb ist es an uns, dem Minister jenen Jubel zu überbringen, der im Sportteil der Realsozialisten gleichsam delirierend das neue Zeitalter preist: Vollgas für die Fans titelt die 'Junge Welt‘ und läßt ekstatisch folgen: „Die Motorsportler unseres Landes wollen in diesem Jahr Gas wie noch nie geben... Zwischen 830 Veranstaltungen kann der DDR-Motorsportfan wählen... Mit motorsportlicher Schonkost muß sich nun kein DDR-Bürger mehr zufriedengeben... Der Teterower Bergring, Schleiz und der Sachsenring könnten zu einstigem Glanz gelangen.“

Allzutief kann der von Friedrich Z. ausgemachte Bazillus der „sozialistischen Straßenverkehr-Ideologien“ nicht gedrungen sein. Dämmert uns da nicht langsam, der DDR-Mensch könnte unter der Entsagung von Heckspoilern und Überrollbügeln mehr gelitten haben als unter dem Mangel an Zitrusfrüchten und gerösteten Erdnüssen? Und: Ist das DDR -System womöglich an einer Art gesellschaftlichem Kolbenfresser verendet?

Fußgänger sollten sich vor eiligen Schlüssen hüten, aber wie, bitteschön, ist der gemeinsame Autochorso des bayerischen Christreaktionärs und der 'Junge Welt' -Sozialisten wohl zu werten? Wiedervereinigung bedeute Schluß mit sozialistischer PS-Knechtung, tobt der eine; „für Motorsportanhänger scheint sich ein Schlaraffenland aufzutun, nachdem er sich 20 Jahre tapfer durchs Mittelmaß beißen mußte“, lallen die anderen, tief im Geschwindigkeitsrausch.

Fragt sich nur noch: Wo hat die 'Junge Welt‘ den vielen weißen Rettich her?

Herr Thömmes