Kohl: Keine Reparationszahlungen für Polen

Bundeskanzler will die Anerkennung der polnischen Westgrenze an Verzicht auf Wiedergutmachungszahlungen koppeln / Friedenvertragsvorbehalt bleibt weiter umstritten / Heftige Kritik bei den Grünen und der SPD  ■  Von Ferdos Forudastan

Bonn (taz) - Bundeskanzler Helmut Kohl laviert weiter in der Frage um die Anerkennung der polnischen Westgrenze. Jetzt will er eine Erklärung beider deutscher Parlamente zur endgültigen Festlegung der jetzt bestehenden Grenzen von einem Verzicht Polens auf Reparationsforderungen aus Schäden, die dem Land im Zweiten Weltkrieg entstanden sind, abhängig machen.

Dies ging aus Äußerungen des stellvertretenden Regierungssprechers Dieter Vogel (FDP) gestern in Bonn hervor. Die von Kohl in Aussicht gestellte gemeinsame Erklärung beider deutscher Parlamente muß nach dem Willen des Kanzlers festschreiben, daß eine Erklärung der polnischen Regierung von 1953, in der auf Reparationen gegenüber Deutschland verzichtet wird, unverändert gilt. Außerdem sollten in der deutsch-deutschen Resolution die vertragliche Sicherung der Rechte in Polen lebender Deutscher festgeschrieben werden.

Auf der Grundlage dieser gemeinsamen Erklärung könnte dann ein Vertrag zwischen einer gesamtdeutschen Regierung mit der polnischen Regierung abgeschlossen und von einem gesamtdeutschen Parlament ratifiziert werden. Unklar und ausweichend reagierte der Regierungssprecher auf die Frage, ob in der gemeinsamen Entschließung von Bundestag und Volkskammer auf den Vorbehalt eines ausstehenden Friedensvertrages verwiesen werden solle.

Bisher hat die Bundesregierung in jeder einschlägigen Erklärung zur Westgrenze Polens (zuletzt am 8.November) die endgültige Klärung an einen solchen Friedensvertrag geknüpft.

Heftig kritisiert wurde diese neueste Version der Bundesregierung in Sachen Westgrenze Polens von den Grünen. Antje Vollmer warf dem Kanzler „kleinkarierte, geschichtsvergessene Zockerei“ vor. Sie forderte einen Friedensvertrag, der die definitive Anerkennung der polnischen Westgrenze, die Entschädigung aller NS-Opfer und Zwangsarbeiter und die Regelung der offenen Reparationsfragen enthalten müsse.

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Horst Ehmke warf dem Bundeskanzler vor, als „Elefant im europäischen Porzelanladen“ in der Frage der polnischen Westgrenze weiter zu „eiern“. Er nehme auf die chauvinistischen Eskapaden von Vertriebenenfunktionären und -verbänden mehr Rücksicht als auf die Polen.