Grüne wollen mehr Rechte für Huren

■ Der Arbeitskreis Frauenpolitik der Grünen stellte gestern in Bonn einen Gesetzentwurf zur „Beseitigung der rechtlichen Diskriminierung von Prostituierten vor“ / Der „Beruf Hure“ soll anderen Erwerbstätigkeiten rechtlich gleichgestellt werden.

Berlin (ap/taz) - Die Kondome, Strapse und Korsetts mußten weggepackt werden, und auch das Plakat „Im öffentlichen Nahverkehr geht ohne Gummi gar nichts mehr“ verstieß gegen die Würde des hohen Hauses. Erst als die alte Ordnung wiederhergestellt war, durften die Grünen gestern mit ihrer Anhörung zum „Beruf Hure“ im „Langen Eugen“ beginnen. Vor rund 100 Teilnehmerinnen, darunter auch Prosti-Gruppen, wurde dort der Gesetzentwurf zur „Beseitigung der rechtlichen Diskriminierung von Prostituierten“ diskutiert, den der Arbeitskreis Frauenpolitik der Grünen ausgearbeitet hat.

Demnach sollen Prostituierte endlich alle die Rechte erhalten, die in anderen Berufen selbstverständlich sind (taz vom 28.2.). „Prostitution ist fester Bestandteil unserer Gesellschaft, wobei Freier, Wirtschaft und Staat geachtet, die Prostituierte aber extrem mißachtet wird“, kritisierte die grüne Bundestagsabgeordnete Marie-Luise Schmidt. Kernstück der Diskriminierung sei die Weigerung, den Beruf der Hure anzuerkennen. Da ein Vertrag zwischen Freier und Prostituierter laut Bundesgerichtshof immer noch „sittenwidrig“ sei, hätten Frauen keine rechtliche Handhabe, ihr Honorar einzuklagen und könnten daher nur auf Vorkasse arbeiten, erläuterte die Berliner Rechtsanwältin Margarete von Galen, die als Expertin geladen worden war. Andererseits könne sich eine Prostituierte wegen Betrugs strafbar machen, wenn sie einem Freier, der im voraus bezahlt habe, den Dienst verweigere.

Nach den Vorstellungen der Grünen soll nicht nur das Honorar einklagbar sein. Die Prostituierten wollen auch in die gesetzliche Krankenversicherung aufgenommen werden, fordern reguläre Arbeitsverträge und das Recht auf freie Werbung. Wichtig ist auch die Abschaffung der Sperrbezirke. Cora Molloy von der Frankfurter Selbsthilfegruppe „Huren wehren sich gemeinsam“ kritisierte, daß das Zusammendrängen der Prostituierten in „Ghettos“ den Zuhältern nur bessere Kontrolle erlaube. Cora Molloy forderte außerdem die Entmystifizierung der Prostitution. Käufliche Sexualität sei nicht das „Ausleben von Perversionen, sondern eine gesellschaftliche Massenbewegung“ und müsse daher als „realexistierende Form der Sexualität“ akzeptiert werden. Zwei Drittel aller Männer in der Bundesrepublik Deutschland gingen zu Prostituierten und gäben jährlich dafür mindestens 12,5 Milliarden DM aus.

Die Fraktion der Grünen hat dem Gesetzentwurf allerdings noch nicht zugestimmt. Auch ihnen sei es schwer gefallen zu kapieren, „daß Prostitution ein Ausdruck männlicher Bedürfnisse und nicht ein Fehlverhalten von Frauen ist“, berichtete Marie-Luise Schmidt.

uhe