Bonn bleibt bei Notaufnahmeverfahren

■ Die Bundesländer aber äußern sich unterschiedlich zur Frage, ob Auffanglager für Übersiedler geschlossen werden sollten / DDR-Bürger wären in vielen Fällen dann obdachlos / Parteidisziplin spielt keine Rolle

Hamburg/Bonn (dpa) - Übersiedler aus der DDR müssen auch weiter in Auffanglagern aufgenommen werden, solange am Notaufnahmeverfahren festgehalten wird. Sollten die Übergangsheime geschlossen werden, müßten sich die DDR -Bürger als Sozialhilfeempfänger oder Obdachlose melden. Und damit würde das Problem vom Bund auf die Kommunen abgewälzt.

Darauf verwiesen am Montag in einer dpa-Umfrage mehrere Landesregierungen, nachdem zuletzt Niedersachsens Ministerpräsident Hans Albrecht (CDU) gefordert hatte, die Lager nach der DDR-Wahl zu schließen.

Mit seinem Hinweis, jeder DDR-Bürger müsse sich dann auf eigene Faust Wohnung und Arbeit suchen, „plaudert Albrecht nur das nach, was der Saar-Ministerpräsident Lafontaine schon seit Monaten sagt“, so die saarländische Sozialministerin Christiane Krajewski (SPD).

Aus Sicht der Bundesregierung gibt es jedoch „keine Anzeichen dafür“, daß das Notaufnahmeverfahren nach dem 18.März geändert werde. In Bonn verwies Regierungssprecher Vogel auf die Haltung von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), der eine geordnete Verteilung nur durch das Notaufnahmeverfahren für gewährleistet hält. Unter den 121.597 Übersiedlern seit Anfang des Jahres waren jedoch 9.050, die sich nicht in Notaufnahmelagern gemeldet hatten. (Darüber hinaus hatten sich seit Beginn des Jahres 64.565 Aussiedler in der BRD gemeldet.)

Die bisherige „staatliche Unterbringungspflicht“ will auch Bayern stoppen, wofür aber eine „große Koalition“ nötig wäre, hieß es im Münchner Sozialministerium. Baden -Württemberg sieht es jedoch weiter als notwendig an, allen Übersiedlern ein Dach über dem Kopf zu geben. NRW -Arbeitsminister Heinemann (SPD) erklärt seit längerem, der Vertreibungsdruck sei weg. Auch er will das Notaufnahmeverfahren einstellen. Ähnlich äußerte sich sein Amtskollege in Schleswig-Holstein, Günther Jansen (SPD).

Anderer Meinung ist Berlins Sozialsenatorin Ingrid Stahmer (SPD): Berlin wolle keine neue Mauer bauen. In Hamburg ist das Problem nach Angaben der Behörden „noch nicht ausdiskutiert“. Nach der Wahl müsse aber „irgendetwas geschehen“.

Der 18.März sei ein „einschneidendes Datum“, sagte auch Hessens Regierungssprecher. In Rheinland-Pfalz wollte man sich dazu noch nicht offiziell äußern.