Wohnungsbau auf Sparflamme

■ Gewoba will dieses Jahr nur 95 Mietwohnungen bauen / Vorsichtige Kritik an der Baubehörde

Die Liste der Interessenten wird immer länger, Möglichkeiten auf die steigende Nachfrage eine Antwort zu geben, sind dagegen nicht in Sicht. 8.400 BremerInnen haben sich inzwischen in Wohnungswarte-Listen bei der Gewoba eingetragen, die Leerstände sind gleich null und Neubauvorhaben kommen nur langsam voran. Zur Lösung des Wohnungsnot wird Bremens größtes kommunales Wohnungsbauunternehmen in diesem Jahr nur wenig beitragen. Etwas sehnsüchtig erinnerte sich gestern Gewoba-Chef Eberhard Kulenkampff an die sechziger Jahre, als die damalige „Neue Heimat“ in der Vahr 5 bis 6.000 Wohnungen baute. In diesem Jahr wird die GEWOBA „mit gewaltigen Anstrengungen“ (Kulenkampff) 300 Wohnungen bauen können. Derzeit sind für 1990 137 Einfamilienhäuser und nur bescheidene 95 Mietwohnungen in Planung. Hinzu kommen vielleicht noch sogenannte „Über

lasthäuser“ für Über- und Aussiedler und eventuell einige Studentenwohnungen im jetzt zur Bebauung freigegebenen Teil des Hollerlandes.

Und wenn sie auch wollte, die Gewoba könnte kaum mehr Wohnungen bauen. „Die Rahmenbedingungen erlauben keine Verstärkung der Bautätigkeit“, so Kulenkampff. Zum einen reiche die öffentliche Förderung, besonders aus Bonn, nicht aus, um den Mietwohnungsbau für sozial schwache Gruppen zu beschleunigen. Zum zweiten kommt die Bauverwaltung nicht in der erforderlichen Geschwindigkeit bei der Bearbeitung der Bauanträge hinterher. Mit aller Vorsicht kritisierte der Ex -Senatsdirektor für das Bauwesen, Kulenkampff, die ihm früher unterstellten Abteilungen. „Wir haben Unterstützung angeboten, aber das scheint nicht notwendig zu sein.“ Und schriftlich in der Vorlage zur Pressekonferenz: „Eine Unter

stützung durch die Stadtplanung ist dringend notwendig.“ Nach den Erfahrungen, die Kulenkampff in seiner Funktion als Gewoba-Geschäftsführer mit den früheren Kollegen gemacht hat, hält er es für unwahrscheinlich, daß das von Senat beschlossene Wohnungsbauprogramm von 16.000 Neubauten bis zum Jahr 2.000 umgesetzt werden kann.

Die Risiken, die der Bremer Senat mit der Übernahme der Gewoba von der Neuen Heimat eingegangen ist, hat sich inzwischen bezahlt gemacht. „Die Geschäftstätigkeit hat sich in allen Bereichen im Vergleich zum Vorjahr weiter positiv entwickelt“, heißt es im Bericht über das Wirtschaftsjahr 1989. Gründe: Alle Wohnungen sind vermietet, und zudem ziehen BremerInnen inzwischen seltener um und zahlen ihre Miete pünktlicher. Dazu kommt, daß der Verkauf von Eigentumswohnungen schneller voran geht, als bisher geplant.

408 bislang gewoba-eigene Wohnungen gingen im vergangenen Jahr in anderen Besitz über, in der Regel an die bisherigen Mieter.

Nachdem die „Gemeinnützigkeit“ der Gewoba entfallen ist, ist es jetzt leichter, auch für früher mietpreisgebundene Wohnungen die Miete zu erhöhen. Davon will die Gewoba zum 1. April Gebrauch machen. Besonders in Wohnanlagen, für die bislang ein besonders niedriger Mietzins genommen wurde, soll künftig fünf Prozent mehr Miete gezahlt werden.

Die Grünen in der Bürgerschaft fragten sich gestern nach der Vorlage des Berichtes'wie gemeinnützig die Gewoba noch sei. Nur 95 neue Mietwohnungen sind für den Parlamentarier Horst Frehe der „pure Hohn“. Frehe forderte die Gewoba auf, alle zur Verfügung stehenden Gelder in den Mietwohnungsbau zu stecken und den Eigenheimbau sein zu lassen.

hbk