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AUTOS, PFERDE, VÄTER

■ Liebende und werdende Töchter im Arsenal

You're a pretty nice guy, for a girl. Mit diesem niederschmetternd-gutgemeinten Kompliment beendet Robert Mitchum in Angel Face sein Verhältnis zu der aschblonden Krankenschwester Mary. Weil der Film 1953 und in Hollywood produziert wurde, gibt es am Ende einen strebsam-kleinen Triumph für Marys anfänglich attestierte Ehetauglichkeit. Aber erst, nachdem uns die eigentliche Geschichte etwas ganz anderes gelehrt hat. Es geht um ein Naturgesetz. Um das Unabänderliche, was gescheiht, wenn eine erhaben-schöne Frau sich einbildet, das Objekt ihres Begehrens gefunden zu haben - und doch nur den Vater will.

In Angel Face von Otto Preminger spielt Jean Simmons die Haupt- und Robert Mitchum die Opferrolle. Hollywood auf den Spuren Freuds - Mitchum gerät in die Fänge der triebhaften Tochter, die erst nur den Vater und dann auch noch den Liebhaber ganz für sich besitzen will. Angel Face hat alles, was die Filme der „Schwarzen Serie“ auszeichnet: korrupte Nebendarsteller, urban-depressive Grundstimmung, lange Autofahrten und Parkplatzszenen mit Los Angeles im Hintergrund. Dorthin lockt Diane den unterforderten Ambulanzwagenfahrer Frank, der daraufhin ihr Cabriolet chauffiert und in ihm seine Besitzerin leidenschaftlich küßt. Leider verliert das Auto-im-Bild im weiteren Verlauf der Geschichte seine angenehm-beiläufige Präsenz und wird zu einer handfesten Allegorie, in der selbst Rückholfedern bedeutsam werden. Als Frank schließlich mit dem Bus (!) den vernunftzersetzenden Kräften Dianes zu entkommen versucht, rast sie, statt ihn zur Haltestelle zu bringen, mit ihm rückwärts die Klippen hinunter. In diesem Unfalltod vollzieht sich die unabwendbare, herbeigesehnte Vereinigung von Vater & Tochter & Liebhaber & eifersüchtig gehaßter Stiefmutter.

Wirklich sehenswert wird Angel Face, wenn man ihn kurz vor oder nach Leave her to heaven anschauen kann, wie es diesen Monat im Arsenal-Kino möglich ist. Zwei ganz unterschiedliche Filme mit verblüffenden Ähnlichkeiten, wenn es um die Darstellung schöner-böser Weiblichkeit geht. Die nämlich darf, was im „film noir“ eigentlich Männern und Detektiven vorbehalten ist - in beiden Filmen die Hauptrolle spielen.

Zu Beginn von John M. Stahls Leave her to heaven, einer Symphonie in Technicolor aus dem Jahre 1945, verstreut Ellen Berent (Gene Tienrey) reitend die Asche ihres Vaters in den Bergen von New Mexico. Bevor sie ihm dahin folgen darf, muß sie eine bittere Erfahrung machen. Auch wenn eine Frau das Ebenbild des geliebten Vaters heiratet, schützt diese äußere Ähnlichkeit nicht vor der eigenständig existierenden Langeweile des realen Ehemanns. In diesem Fall heißt er Richard/Dick Harland und ist Schriftsteller. Binnen kurzem zerstört er mit seinen karierten Hemden, seinen gitarrespielenden Freunden im Wohnzimmer und unsensibel dünnen Schlafzimmerwänden das Liebesglück der jungen Ehe. Ellen entschließt sich zu durchaus radikalen Rettungsmaßnahmen, sie kämpft um die Liebe jenseits von Küche und Verwandtenbesuchen. Als alles nichts nützt, befolgt sie den Rat der bieder-braven Stiefschwester Ruth, es mal mit einem Kind zu probieren. Doch im Umstandskleid, den Kragen von einer würgenden Schleife zusammengehalten, fühlt sie Ellen wie „eine Gefangene von dem kleinen Biest in mir“. Sie beschließt eine tollkühne Abtreibung, und allein diese Szene - Babyblau dominiert - macht den Film zur Perle im derzeitigen Kinoprogramm.

In Leave her to heaven darf eine Frau die wahren Sätze über den Unterschied von Liebe und Ehe sagen. Ellen richtet sie an die Schwester Ruth, sie wären aber auch für Krankenschwester Mary passend gewesen. You and Dick are Friends, you like each other. Deswegen wird zwangsläufig eine zufriedene Ehe zwischen den Leidenschaftslosen beginnen, wenn der Technicolor-Film über die unmögliche Liebe zwischen Ellen und Dick zu Ende geht. Die Schönere der beiden Schwestern hat sich dem Vater, dem Geliebten, der Liebe geopfert. He loved me, but he never liked me.

Dorothee Wenner

„Leave her to heaven“ (erstmalig im deutschen Kino, OF), am 8.3., 22.15 Uhr am 16.3. um 20 Uhr und am 19.3. um 18 Uhr.

„Angel Face“ (OF), 21.3. um 22.15 Uhr, am 16.3. um 20 Uhr und am 26.3. um 18 Uhr im Arsenal.

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