„... daß die was Vernünftiges aus dem Land machen“

■ Umfrage: Wen und welche Partei würden West-BerlinerInnen am 18. März wählen - wenn sie im Ostteil der Stadt mitwählen dürften / Die befragten Passanten am Kottbusser Damm entschieden sich leidenschaftslos und mehrheitlich für's kleinste Übel

Alles schielt in die DDR. Das große Thema: Die Wahlen am 18. März. Jeden Freitag veröffentlicht Luegs „Bericht aus Bonn“ in der ARD die neuesten Umfragen und auch die großen Illustrierten schließen sich mit den unterschiedlichsten Umfrage-Ergebnissen der Meinungsmache an. Die taz wollte nun von West-BerlinerInnen wissen, welche Regierung sie zukünftig in der DDR bevorzugten - dürften sie am 18. März mitwählen. Hier eine nicht repräsentative, zufällig Meinungsumfrage, durchgeführt an einem stürmischen Vormittag am Kottbusser Damm.

Hausfrau (49): Wahrscheinlich die SPD, weil ich denke, daß die auf die Umwelt reagiert und auf die Leute eingeht. Ich bin aber im Moment nicht so gut informiert.

Student (26): Ich weiß nicht, die SED kommt ja nicht in Frage. Ich kenne mich aber nicht so aus. Ich denke, die DDR -SPD würde so etwas wie einen dritten Weg probieren. Ich glaube nicht, daß die das Gleiche machen wollen wie die SPD hier, sondern daß die sich die Marktwirtschaft noch etwas sozialer vorstellen.

Angestellter: (48): Nicht die SPD. Die SPD bedeutet für mich Wendehälse in Berlin und in der Bundesrepublik. Für mich der Sozialismus jedweder Art erwiesenermaßen da drüben endgültig gescheitert. Ich finde es gut, daß der Sozialismus auch was Menschliches ausdrücken will - er kann es aber nicht, weil die Menschen zu schwach sind. Ansonsten sollte man den Parteien erst einmal Zeit lassen, sich zu entwickeln und nach zwei Jahren wieder wählen. Ich persönlich tendiere auf jeden Fall eher zum konservativem Spektrum.

Studentin (24): Ich hoffe jedenfalls, daß keine Vereinigung stattfindet, sondern daß die was Vernünftiges aus ihrem Land machen und nicht immer so'n Scheiß!

Angestellte (26): Schwer zu sagen, habe ich mich noch nicht so mit beschäftigt, vielleicht der „Demokratische Aufbruch“? Die PDS fällt jedenfalls raus, die hat ja nur ihren Namen geändert.

Deutsch-Amerikanerin (35): Ich würd‘ auf Anhieb sagen: Die Grünen. Ich befürchte nur, daß die doofe SED wieder drankommt. Die SPD wäre zumindest der Versuch, zum Schritt in eine andere Richtung. Bei dem Vereinigungsgequatsche, der zunehmenden Ausländerfeindlichkeit und dem Blödsinn mit der polnischen Westgrenze überlege ich mir allerdings, ins Ausland zu gehen.

Bankangestellter (38): So wie ich es - wenn auch wenig beobachte, befürworte ich die sozialdemokratische Partei. Die scheint das ausgearbeitetste Konzept zu haben und sie hat eine lange Tradition, an die sie wieder anknüpfen kann. Und: Schließlich wäre ja auch hier die CDU bereit, mit der SPD aus dem Osten zusammenzuarbeiten und das scheint mir sehr wichtig.

Student (28): Ich würde die SPD drüben wählen, weil ich sie hier auch wähle. Die anderen, DSU und wie sie heißen, kann ich mir nicht vorstellen. Die setze ich mit der CDU gleich und das ist nicht meine Partei.

Arbeitslose (35): Ich würde ganz klar die PDS wählen! Das ist nicht mehr die alte SED, die hat sich erneuert, die Leute sind zwischen 20 und 30 Jahre alt und es ist das einzige revolutionäre Potential in der DDR. Ich hoffe, daß die diese kapitalistische Scheiße noch ein bißchen aufhalten!

Interviews: Martina Habersetzer