Milde Strafe aus gutem Grund

■ Spanisches Gericht reduzierte Strafe für schwarzen Drogenkurier

Madrid (taz) - Ein ungewöhnliches Urteil hat das Landgericht von Bilbao unter dem Vorsitz des Richters Juan Alberto Belloch gefällt: Es senkte das Strafmaß des wegen Drogenhandels verurteilten Ghanaers John Kobbina von zwei Jahren und vier Monaten Knast auf ein Jahr und einen Monat. Kobina war mit 50 Gramm Heroin gefaßt worden. Die Begründung: Der Angeklagte habe sich in einer besonders schwierigen Lage befunden, da er aus einem politisch und sozial erschütterten Land komme, da sein Antrag auf politisches Asyl abgelehnt worden sei und er damit auch die Zuwendungen verloren habe, die das Rote Kreuz Asylsuchenden gewährt, und da die Arbeitssuche, ohnehin schon schwierig, für einen Menschen aus der Dritten Welt und schwarzer Hautfarbe besonders aussichtslos sei. Das Gericht weiter: „Es ist nicht vernünftig, daß ein armer und schwarzhäutiger Ausländer so streng bestraft wird wie ein Armer, der Spanier und weißhäutig ist.“

Der Richterspruch ist in zweierlei Hinsicht ungewöhnlich. Zum einen, weil er auf die Diskriminierung von Ausländern in Spanien hinweist - eine gern verdrängte Tatsache, obwohl sie sich, gerade gegenüber Farbigen, gelegentlich sehr heftig äußert -, so versuchten im Frühsommer vergangenen Jahres katalanische Jugendliche, einen jungen Afrikaner zu verbrennen. Zum zweiten erinnert das Gericht daran, daß öffentliche Einrichtungen verpflichtet seien, „Bedingungen zu schaffen, damit die Freiheit und Gleichheit des Einzelnen und der Gruppen, in die er sich einfügt, auch real gewährleistet ist.“

Antje Bauer