Türkischer Journalist in Istanbul ermordet

■ Neue Attentatswelle in den letzten Wochen / Das letzte Opfer war ein prominenter politischer Kolumnist / Täter unbekannt

Istanbul (taz ) - „Die Türkei ist ein Land, wo der Terror auf fruchtbaren Boden stößt.“ Der Autor dieser Zeilen, die gestern in der türkischen Zeitung 'Hürriyet‘ erschienen, ist tot: Opfer eines Terroranschlages. Die Täter streckten den Kolumnisten Cetin Emec und seinen Fahrer mit Schüssen zu Boden und entkamen in einem gestohlenen Auto.

„Ein geplanter Terrorakt, der sicher auch internationale Verbindungen aufweist“, erklärte der sozialdemokratische Oppositionsführer Erdal Inönü. Der 55jährige Emec hatte in jüngster Zeit durch seine Kolumnen gegen islamischen Fundamentalismus und gegen Terrorismus Aufmerksamkeit erregt. Die Kolumne, die am Tag seiner Ermordung in 'Hürriyet‘ erschien, wies auf die „Terror-Connection“ des syrischen Staatspräsidenten Hafiz Esat und seines Bruders Rifat Esat hin und warf der türkischen Regierung vor, zu dem syrischen Terror zu schweigen.

Über 5.000 Menschen, hauptsächlich aus der Türkei, wurden in den siebziger Jahren Opfer von Terroranschlägen. Heute stehen Anschläge wieder auf der Tagesordnung in der Türkei. 14 Stunden vor dem Attentat an Emec ging ein Zelt des Moskauer Staatszirkus in Istanbul in Flammen auf: Brandstiftung. Rechtsextreme, die gegen den Einmarsch der Roten Armee in Aserbaidschan protestieren wollten, waren die mutmaßlichen Täter.

Anfang Januar wurde Professor Muammer Aksoy, der gegen die staatliche Duldung islamisch-fundamentalistischer Tendenzen zu Felde zog, ermordet. Ein Agent des iranischen Geheimdienstes Savama sei für das Attentat verantwortlich gewesen, mutmaßt die türkische Tageszeitung 'Sabah‘.

Journalisten waren öfter Opfer der Terroristen. Der Graue Wolf Mehmet Ali Agca, bekannt durch sein Attentat auf den Papst, ermordete 1979 den liberalen Chefredakteur der Zeitung 'Milliyet‘, Abdi Ipekei. Der Redakteur Mevlut Isikli wurde Juni 1988 ebenfalls von einem ehemaligen Militanten der „Nationalen Aktionspartei“ ermordet. Im November vergangenen Jahres wurden die Journalisten Sami und Kamil Basaran von dubiosen „Geschäftsleuten“ ermordet.

Anläßlich der Ermordung von Emec und vor dem Hintergrund der Attentatswelle gegen Mitglieder der Presse in jüngster Zeit, planen Journalisten einen Protestmarsch: zum Parlamentsgebäude in Ankara.

Ömer Erzeren