„Männerförderung“?

■ Die Leitung der Reinickendorfer Volkshochschule ist unbesetzt, weil das Gericht die Bevorzugung eines Mannes vor besser qualifizierten Mitbewerberinnen rügte

Eigentlich nichts Aufregendes, die Besetzung der Stelle einer VolkshochschuldirektorIn - und in Reinickendorf schon gar nicht. Denkt man und frau. Doch in dem nördlichen Bezirk hat sich um die Volkshochschule (VHS) ein kleiner alltäglicher Skandal entwickelt.

N.N., noch nicht genannt, eine Leerstelle. Auf der ersten Seite des Reinickendorfer VHS-Programms 1990 gibt es keinen Direktor. Im Programm für 1989 war sogar ein Name ausgestrichen und ein Foto überklebt (preiswert erledigt für 3.000 Mark im Frauenknast Tegel). Grund: Helge Schätzel, Studienrat, seit zwei Jahren Dozent an der VHS und vom Bezirksamt für den Posten vorgesehen, mußte vorerst zurückgezogen werden, weil Verwaltungsgericht und Senatsschulverwaltung den Beschwerden einer Mitbewerberin stattgaben. Sie hatte bemängelt, daß Schätzel trotz mangelnder „laufbahnrechtlicher“ Voraussetzungen (zwei Jahre VHS statt der geforderten dreieinhalb) und weit weniger Berufserfahrung vorgezogen worden war. So entschied das Verwaltungsgericht bereits im Dezember, daß die Stelle nicht mit Schätzel besetzt werden dürfe. Vor einigen Tagen beschied nun die Senatsschulverwaltung im Widerspruchsverfahren einer der Kandidatinnen: Die negative Entscheidung gegen sie sei ungültig. Auch die Frauenbeauftragten des Bezirks und des Senats schalteten sich ein.

Nun müsse es entweder eine neue Bewerbungsrunde, ein Aufrücken einer der Kandidatinnen oder eine gänzlich neue Ausschreibung der Stelle geben, heißt es aus der Schulverwaltung. Der Reinickendorfer Volksbildungsstadtrat Rüter (SPD), der Schätzel auf den Posten hievte, weil der „während der 750-Jahr-Feier viele zusätzliche Aufgaben erfüllt“ habe und „über die „offizielle Dienstzeit hinaus tätig gewesen“ sei, will nun eine Neuausschreibung „anstreben“. Auf die Quotierungsbeschlüsse seiner Partei und die Frauenförderrichtlinien des Senats angesprochen, reagierte Rüter einsilbig. Mehr Frauen in BVV und im Abgeordnetenhaus, das habe er schon in den siebziger Jahren gefordert. Doch eine Quotierung in „öffentlichen Ämtern“ halte er für fraglich, da es hier „auf die gleiche Befähigung“ ankäme. Das alte Qualifikationsargument.

Auch die Mitarbeiterin der Senatsfrauenbeauftragten, Knebel -Pfuhl, hält den Fall für „typisch“. Sie betont, daß es hier ja gar nicht um die Förderung oder Bevorzugung von Frauen gehe, da Schätzel ja „die Laufbahnvoraussetzungen gar nicht mal erfüllt“ habe. Für den Fall einer Neuausschreibung befürchtet sie aber, daß diese vom Bezirksamt noch bis November 1990 verzögert wird. Dann hätte Helge Schätzel, der Wunschkandidat, die Laufbahnvoraussetzungen nämlich erfüllt.

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