„Es ist wie verhext“

■ Bayern gewinnt im Pokal mit 2:1 knapp gegen Eindhoven- recht schlechte Karten für das Viertelfinal-Rückspiel

München (taz) - Selten waren in der Geschichte des FC Bayern Spieler so beliebt wie Augenthaler oder Sören Lerby. Letzterer hat die Reihen der Münchener vor vier Jahren verlassen und verdient heute seine Brot beim PSV Eindhoven. Dessen ungeachtet, jubelten ihm die Bayern-Fans beim Warmlaufen zu wie in alten Zeiten. Während des Europapokalspiels am Mittwoch abend wirkten beide jedoch wie Relikte aus der Vergangenheit. Vor des deutschen Fußball -Kaisers gestrengen Augen versuchte der eine, seine durch lange Verletzungspausen verursachte mangelnde Schnelligkeit mit Übereifer zu überdecken, während der andere tunlichst darauf bedacht war, den Spielfluß seiner Mitstreiter nicht zu unterbrechen.

Der Zahn der Zeit nagt bedenklich an den Helden. Lediglich das Outfit und die Sprache der beiden erinnert an glorreiche Tage. Doch der verträumte Blick in die Vergangenheit verklärt die Tatsachen. Denn selbst mit Augenthaler und Lerby wurden die Bayern nicht Europapokal-Sieger. Und wie es nach dem mühevollen 2:1-Sieg der Münchener gegen den PSV Eindhoven ausieht, wird auch in dieser Saison Manager Hoeneß‘ größter Wunsch, endlich wieder die Spitze Fußball -Europas zu stellen, nicht in Erfüllung gehen.

Oder haben die Münchener Zuschauer etwa eine Auseinandersetzung zweier europäischer Spitzenmannschaften, so Jupp Heynckes (er bezeichnete zumindest die Holländer so), gesehen, ohne dies zu bemerken? Um Heynckes Recht zu geben: im Tempo und im kämpferischen Bereich unterschied sich der Wettkampf vom öden Bundesliga-Gekicke. Allein das Spielerische, meinte der Bayern-Trainer, sei halt zu kurz gekommen. Darüber hinaus bemängelte er die fehlende Auswertung der vielen Torchancen der Seinen. Dies zeige die mangelnde internationale Erfahrung.

Dabei überzeugte als einziger im spielerischen Bereich ausgerechnet sein Jüngster, Thomas Strunz: Alle torgefährlichen Aktionen der Bayern entsprangen seinen Ideen, während sein Partner im Mittelfeld, Dorfner, nur Chaos produzierte. Die magere Torausbeute der Bayern verwunderte niemanden, weil auch der dritte im Bunde, Reuter, jenseits von Gut und Böse spielte. Erst als der wahrlich nicht mit technischen Fähigkeiten beschlagene Schotte McInally aus der Qual des versuchten Doppelpasses entlassen und endlich mit weiten Bällen in den Lauf bedient wurde, ergaben sich Spielzüge, die schließlich zu einem Tor führten.

Leider brachte die Bayern-Abwehr die Mannschaft um den hart erarbeiteten Lohn, als sie verträumt den Ausgleich des PSV Eindhoven durch den Ex-Kölner Povlsen erlaubte. Vorher gefielen die Holländer durch geschickte Verteidigungstaktik, garniert mit gelegentlichen Kontern. Die Bayern -Angriffe wurden von den ohne Libero agierenden und in zwei Vierer -Abwehrreihen gestaffelten Holländern meistens vor dem Strafraum abgefangen.

Der Eindhovener Trainer, Guus Hiddink, erklärte, daß das Spiel aus seiner Sicht 75 Minuten lang befriedigend verlaufen war. Erst die Führung der Bayern verursachte ein Spektakel auf dem Spielfeld. Leicht ärgerlich zeigte er sich wegen des Siegestreffers von Grahammer durch einen Freistoß aus dreißig Metern Entfernung. Immer wieder würden sie zu Hause solche Situationen üben, aber trotzdem kassieren sie solche Tore. „Es ist wie verhext.“ Insgesamt könne er sich jedoch nicht beklagen über dieses Ergebnis, weil „ein Auswärtstor wichtig ist“.

Abschließend erwähnte er höflich die Gefährlichkeit der Bayern bei Auswärtsspielen im Europapokal. Darauf hofft auch Jupp Heynckes, denn: „Es ist ein schwieriges Ergebnis, weil der PSV sehr heimstark ist.“ Aber wer sagt's denn: „Wir fahren nach Eindhoven mit viel Optimismus.“

Werner Steigemann FC Bayern München: Aumann - Augenthaler - Grahammer, Kohler, Pflügler - Reuter, Dorfner, Strunz, Kögl (69. Bender) - McInally, Wohlfarth

PSV Eindhoven: Van Breukelen - Gerets, Nielsen, Valckx, Heintze - Vanenburg, van Aerle, Chovanec, Lerby - Povlsen (89. Ellerman), Kieft

Tore: 1:0 Wohlfarth (75.), 1:1 Povlsen (77.), 2:1 Grahammer (80.)