Disput mit Lücken

■ „Enthüllungen“ vom Studio 11 / Interessantes Gespräch, aber an der Moderatorin lag es nicht

Wer es noch nicht wußte oder nur dunkel ahnte - die Wurzeln der taz (ihre geistigen selbstverständlich) liegen in der Untergrundblaskapelle „Bolschewistische Kurkapelle Schwarz -Rot“! Das enthüllte taz-Geschäftsführer Dr. Jürgen Kuttner am Mittwochabend im Studio-11-Club des Deutschlandsenders. Außer ihm hatten die Moderatoren Barbara Wolf und Martin Wagner Renate Holland-Moritz, Ursula Sillge und Lutz Riemann mit am Tisch. Nach konservativer Einleitung begann die „Kino -Eule“ RHM. Ich muß sie einfach mögen - erst nach 10 Uhr arbeitsfähig, und dann nur unter Zwang... Immerhin versprach sie einen Nachfolgeband zur „Toten Else“ und damit weitere und deftigere Klatschgeschichten. Ich wünsche mir, daß 34 Jahre Eulenspiegel-Mitarbeit und 30 Jahre Filmkritik noch lange nicht genug sind.

Nach 21 Minuten und einer Musik kam Dr. Kuttner zu Wort, der sehr ergreifend zu schildern verstand, wie er als einer der Gründerväter im ehemaligen ZK-Gebäude noch in den alten Möbeln sitzend „Kadergespräche“ führte und dabei „linke Lockerheit“ zu rekonstruieren trachtete. Hier noch ein Tip: Achten Sie bei der taz-Lektüre auf das Gedruckte in eckigen Klammern - auch der Setzer bringt mitunter seine Meinung ein.

An der Moderatorin lag es sicher nicht, wenn ein interessantes Gespräch zustandekam. Überdies lag sie mit ihrer Vorbereitung meist haarscharf daneben. Die Soziologin Ursula Sillge hatte es nicht ganz leicht, zumal RHM manche Lanze für die Männer brach (Danke!), aber auch die Frauen lobte („Wenn Frauen humorloser wären als Männer, könnten sie Männer ja gar nicht ertragen!“).

Der Moderator rang ebenfalls nach Worten, die Lage der Frauen so recht anschaulich zumachen. Frau Sillge griff gnädig ein. Im Prinzip alles ganz klar - man müsse nur die Pflichten gerechter verteilen. (Das ist es ja eben, das Einfache, das schwer zu machen ist.) Soziologischen Studien zufolge waschen 80 Prozent der Frauen ab! (Hier nickte die Frau des Autors grimmig.)

Leider kam man spät zum Kern, zum Autonomen Frauenzentrum BAF, einer von rund 30 Frauengruppierungen in (Ost)Berlin. Da gibt es noch jede Menge Schwierigkeiten, Räume zu erobern für ein Frauencafe, eine Bibliothek... Ich hätte gern mehr gehört zur Person Ursula Sillge und zu ihrer Arbeit, aber da war bereits viel Zeit verredet. Sollen Frauen nun unter sich im eigenen Cafe sitzen oder nicht?

Zuletzt kam schließlich der Schauspieler Lutz Riemann (Oberleutnant Zimmermann im Polizeiruf 110) zu Wort. Zur Schauspielerei wurde nichts gesagt, dafür aber viel zur Seefahrt. Mich interessierte das Fischrezept besonders - man kann es beim Sender abfordern.

P. S. Dank an den Musikredakteur für das schöne Saxophon!

O. F. Vincenz