Flughafenanwohner wollen umziehen

■ Proteste gegen MBB-Startbahn / Startbahnverlängerung herbeigerechnet

In Bremen herrscht die Diktatur, zumindest in Sachen Flughafenerweiterung. Das meint der Pastor der Markus -Gemeinde, Matthias Jander, und mit ihm mehr als 800 Flughafen-AnwohnerInnen. Die fühlen sich vom Bremer Senat „verschaukelt“, so Jander, und wollen endlich genau wissen, wie die Zukunft des Bremer Flughafens aussieht.

„Verkehrsdrehscheibe im Nordwesten“ so preist die Flughafen AG lauthals den Flughafen 2.000. Gleichzeitig behauptet Verkehrs-und Bausenator Konrad Kunick, daß die Startbahn nur für MBB verlängert wird, währenddessen der Senatsdriektor Wirtschaft die „vorsichtige“ Flughafenpolitik kritisiert. Für Rechtsanwalt Axel Adamietz, der einige Anwohner in Klageverfahren gegen die Startbahnverlängerung vertritt, ist das „Etikettenschwindel“ und „ein abgekartetes Spiel.“ Ziel, glaubt Adamietz, sei die Startbahnverlängerung für den allgemeinen Luftverkehr. Aus der Tatsache, daß der Senat genau das höchstoffiziell und immer wieder bestreitet, hofft Adamietz, juristisch Honig saugen zu können. Denn um die Startbahn im Osten um 300 Meter verlängern zu können, muß der Landwirt Wähmann enteignet werden. Und das kann nur mit öffentlichem Interesse begründet werden. Eine Erweiterung für den Super Guppy liege einzig im Interesse von MBB. Mit einer ähnlichen juristischen Argumentation war im März 1987 eine Teststrecke für Daimler am Boxberg gekippt worden.

Also ruhen die Hoffnungen der Anwohner vor allem auf dem Verfahren, das Adamietz für die Familie Wähmann führt. Gestern übergab ein Vertreter der Bürgerinitiave gegen den Ausbau Frau Wähmann vor der Presse achthundert Solidaritätsunterschriften. Christian Kahler für die Initiative: „Wir wenden uns gegen jeglichen Ausbau des Flughafens und fordern die Einschränkung des Flugverkehrs.“

Adamietz hat für das Verfahren noch einmal die Daten geprüft, mit denen ein Gutachter die Notwendigkeit des Startbahnausbaus begründet, und ist zu dem Ergebnis gekommen, daß die jetzige Startbahn für die Super Guppy voll ausreicht. Beim meteorologischen Dienst hat Adamietz in Erfahrung gebracht, daß in den drei kritischen Sommermonaten morgens um halb sieben die vom Gutachter grundgelegten 16 Grad fast nie erreicht werden. Und wenn ein Start wegen morgendlicher Extremtemperaturen einmal nicht möglich sein sollte, wollen die Anwohner lieber, daß der Super Guppy dann nachts abhebt. Adamietz: „Diese Startbahnerweiterung ist künstlich herbeigerechnet worden.“

Erstaunlich findet es Adamietz auch, daß MBB es auf einmal gar nicht mehr so eilig hat. Die Dringlichkeit des Planverfahrens war zunächst damit begründet worden, daß der neue Airbusflügel bereits im Juni 1990 abtransportiert werden müsse. Der erste Flügel wird im September endmontiert sein.Unabhängig von der Verlängerung finden die AnwohnerInnen die Lärmbelastung immer unerträglicher. Inzwischen werden auch am Himmel über Bremen Warteschleifen geflogen und ein Ende des Booms ist nicht absehbar. Für diejenigen, die am dichtesten dran sind heißt die Devise deshalb: Nichts wie weg. Adamietz zu den Folgen: „Diese Häuser müssen aufgegeben werden.“ Zahlen müßte das dann allerdings die Stadt Bremen.

hbk