„Der amerikanische Evangelist meinte, Ost und West seien gleich.“

Graham will vor dem Reichstag gegen „geistiges Vakuum“ predigen  ■ Das Evangelium im Agentur-Bericht

Der amerikanische Baptisten-Prediger Billy Graham hält eine „Umkehr zu moralischen und geistlichen Werten“ und eine Hinwendung zum Christentum für nötig, um dem „geistigen Vakuum“ nach dem Umbruch im Ostblock entgegenzutreten. Unparteiisch und unpolitisch wolle er am Samstag unter freiem Himmel vor dem Reichstagsgebäude die Botschaft des Christentums verkünden, kündigte der Prediger am Donnerstag an. Die Veranstaltung wird gemeinsam von den Evangelischen Allianzen in der DDR und der Bundesrepublik organisiert.

Der amerikanische Evangelist meinte, Menschen in Ost und West seien gleich. Der Friede beginne nach einem Wort des tschechoslowakischen Staatspräsidenten Vaclav Havel im menschlichen Herzen. Deshalb richte sich die christliche Botschaft an den einzelnen Menschen. Gerade in Berlin werde man täglich „auf bemerkenswerte Weise“ an diese Botschaft und Tatsache erinnert, sagte Graham. Berlin sei zum „Symbol geworden für die Veränderungen in Mittel- und Osteuropa, die sich auf die ganze Welt auswirken“.

Graham wandte sich besonders an die Jugend in der DDR mit der Aufforderung, ihr Herz nicht an materielle Dinge zu hängen. Die Probleme, vor denen die Welt heute stehe, seien nicht wirtschaftlicher oder politischer, sondern moralischer und geistlicher Natur. Kritisch stellte der Prediger fest, Teile Europas seien „fest im Griff von Materialismus und Hedonismus“.

Vertreter der Evangelischen Allianz erläuterten, sie hofften darauf, bald wieder eine gemeinsame Organisation in Deutschland bilden zu können. Die Evangelische Allianz ist ein überkonfessioneller Zusammenschluß einzelner christlicher Persönlichkeiten mit missionarischer Zielrichtung. Die Vertreter aus der DDR betonten, im „geistigen Vakuum“ nach dem gesellschaftlichen Umbruch müsse die christliche Botschaft auf ganz neue Weise weitergegeben werden.

Der amerikanische Baptisten-Pastor predigt regelmäßig in allen Teilen der Welt. Seine Veranstaltungen werden mit modernster Technik verbreitet, so daß kürzlich eine Kampagne in London zeitgleich in 230 britischen Städten und 20 afrikanischen Ländern übermittelt wurde. Eine ähnlich aufwendige Kampagne wird für 1992 in Deutschland angestrebt. In beiden Teilen Deutschlands war Graham mehrmals aufgetreten. Eine Großveranstaltung mit 80.000 Menschen fand 1960 im Olympiastadion statt. Bereits am Freitag abend wollte er bei einem Mitarbeitergottesdienst in der Ostberliner Gethsemane-Kirche sprechen.

dpa