Ministergärten neben Regierungsbauten

■ Umweltsenatorin Schreyer hat Pläne für den Zentralen Bereich / Regierungsbauten dürfen rein, der Autoverkehr soll raus / Entlastungsstraße soll verschwinden / Zwischen Grün und Grau gibt es Kompromisse, der Streit über die Daimler-Pläne geht weiter

Eine „Weltstadt mit grünem Herz“ wünscht sich die vor einem Jahr aus München zugereiste AL-Senatorin Michaele Schreyer: Gestern stellte sie ihre Pläne für den sogenannten Zentralen Bereich vor - dieses weitläufige Areal zwischen Lehrter Straße im Norden und Landwehrkanal im Süden, vom Tiergarten im Westen bis zur Mauer im Osten - und neuerdings auch über diese drüberweg. Schreyer präsentierte einen mit Ost-Berlin abgesprochenen „Diskussionsvorschlag“, über den Fachleute und Bürger beraten sollen, bevor für die Teilgebiete Architektenwettbewerbe ausgeschrieben werden.

Ein „städtisches Zentrum“ soll das Areal wieder werden, „aufregendes, städtisches Leben“ mit Kinos, Theatern und Kneipen stellt sich die Senatorin vor - aber keinen Verkehrsknoten. Vom Asphalt der Entlastungsstraße, über die sich seit dem Mauerbau der Nord-Süd-Verkehr quält, soll der Tiergarten befreit werden. Als Ersatz will Schreyer die heute unter der Mauer verborgene Ebertstraße zwischen Potsdamer Platz und Brandenburger Tor wieder eröffnen jedoch nur für den örtlichen Verkehr. Der Durchgangsverkehr soll sich künftig über die Hofjägerallee oder aber durch die Ostberliner Nord-Süd-Straßen bequemen.

Nicht einmal Eisenbahnschienen duldet das grüne Herz der AL -Politikerin. Das wird nicht nur den Planern von Verkehrssenator Wagner in den Ohren schrillen, sondern auch manchen Experten im Hause der Umweltsenatorin und dem AL -Verkehrsexperten Cramer: Ihren Gedankenspielen, am Lehrter Stadtbahnhof einen unterirdischen neuen Zentralbahnhof zu bauen, erteilte Schreyer eine Absage. Es gebe zwar das „große Problem“, daß Wagners Eisenbahnkonzept noch ausstehe, meinte Schreyer, der neue Fernbahnhof „sollte“ aber „sinnvollerweise“ nicht hier, sondern am Westkreuz zum Stehen kommen.

Ansonsten schlägt Schreyer Kompromisse vor zwischen Grün und Grau, Frei- und Bauflächen. Die künftige Buga-Fläche am Moabiter Werder soll vorerst nur 600 Wohnungen aufnehmen. Das heute wild überwucherte ehemalige Diplomatenviertel südlich der Tiergartenstraße soll kein Botschaftsbaugrund mehr werden, aber auf seiner südlichen Hälfte für Beton offen sein. Im Alsen-Viertel nördlich des Reichstags kann sich Schreyer zwar Parlaments- und Regierungsbauten vorstellen, „vorläufig“ soll die Ecke aber grün bleiben. Und die „Ministergärten“, die sich früher zwischen Potsdamer Platz und Brandenburger Tor erstreckten, sollen „auf jeden Fall“ wieder als Parkanlage entstehen.

Den Pariser Platz, östlich des Brandenburger Tors, und den Leipziger Platz, der sich hinter dem Potsdamer Platz erstreckt, wollen West- wie Ostberliner Planer mit Neubauten umranden und damit auf die historischen Grundrisse zurückkommen: Quadratisch am Pariser Platz (die alte und womöglich bald neue Adresse der britischen und der französischen Botschaft) und achteckig am Leipziger Platz. Auf ihn schielt angeblich Hertie - früher stand hier nämlich ein berühmtes Wertheim-Warenhaus.

Auf dem ehemaligen Potsdamer Personenbahnhof und der Nordhälfte des Lenne-Dreiecks sollen sich schließlich grüne Keile an den ansonsten grauen Potsdamer Platz schieben wenn es nach Schreyer geht. Nach ihrer Meinung ist es „relativ selbstverständlich“, den Ideenwettbewerb, der die Daimler-Benz-Neubauten am Potsdamer Platz vorbereiten soll, erst nach den DDR-Kommunalwahlen im Mai auszuschreiben.

Bausenator Nagel (SPD) sieht das, wie berichtet, anders. Sein Staatssekretär Görler pochte gestern auf die „ganz klare Vereinbarung“, schon im März den Wettbewerb zu starten. Wagner sprang Nagel gestern bei und warnte, die „Chance“ einer Daimler-Ansiedlung nicht „durch überzogene Diskussionen zu verzögern oder gar in Frage zu stellen“. Der Senat soll den Streit am Dienstag entscheiden.

hmt